Mein Blick in die Kristallkugel für 2008

Zum Jahreswechsel ist es ja üblich sich mit Prognosen einen Anstrich des Allwissenden Zukunftssehers zu geben. Da möchte ich natürlich nicht zurückstehen und zwei gewagte Prognosen abgeben (eine positive und eine negative). Zuerst die positive…
endofcontrol_sign.png

  • 2008 wird das Thema „Technologische Singularität“ noch viel stärker eine Rolle in der Diskussion spielen, als bislang bereits. Die Beschleunigung der Entwicklung des Menschen, die durch Technologieerweiterungen einen exponentiellen Verlauf zeigt, wird hoffentlich DAS große Thema werden.
  • 2008 wird als das Jahr in die Geschichte eingehen, in dem sämtliche Inhalteanbieter leidvoll merken werden, dass Copyright – also Kopierrecht – in einer Welt (Internet) die auf dem Anfertigen von Kopien basiert (Internet = größte Kopiermaschine ever) absolut keinen Sinn mehr macht.

ray_kurzweil.jpgWas verleitet mich nun zu diesen beiden Prognosen? Die Diskussion um die technologische Singularität erhält weiteres Wasser auf ihre Mühlen, wenn man nur einmal schaut, welche Fortschritte bei durch Robotern gelenkten Automobilen erzielt wurden. General Motors will bis 2018 ein erstes, selbststeuerndes Serienfahrzeug auf den Markt bringen. In einem Vortrag mit dem Titel „How technology’s accelerating power will transform us“ erklärt Ray Kurzweil das noch viel genauer (via Future of Learning). Die Handys inklusive z.B. dem iPhone werden zum technologischen Tausendsassa und vereinen immer mehr Rechenleistung auf kleinstem Raum. Diese Leistung steht uns zukünftig immer und überall (ubiquitous) zur Verfügung. Kombiniert mit Mini-Beamern usw. computen wir bald überall nach dem Motto: „Leben ist da wo ich Netz hab‘.“ Ich schließe mich hier völlig unspektakulär dem Futuristen Dr. Michio Kaku an, der für die BBC drei sehr interessante Beiträge/Videos zur Zukunft gestaltet hat: The Intelligence Revolution, The Biotech Revolution und The Quantum Revolution (via Mobil Avenue). Der erste Film enthält u.a. Stimmen von Ray Kurzweil und anderen.

gerdleonhard.jpgDas Kopierrecht ist ein besonderer Fall. Ich prognostiziere, dass sogenannte „Walled Gardens“ tot sind, mausetot. Wenn ich z.B. einen französischen Song nur im iTunes France kaufen kann, aber nicht kaufen darf, weil ich deutscher Staatsbürger bin, dann ist das in Zeiten des Internet eine künstliche Grenzziehung (Wall) die unnötig ist und wirkungslos.
gerdleonhard_book.pngIn diesem Fall – wie er mir persönlich vor wenigen Tagen passiert ist – besorge ich mir den Song eben einfach auf anderen Wegen. Apple’s iTunes wird sich vermutlich noch mit dem erwarteten Filmverleih nach alten Businessmodellen ein Weile durchhalten, aber dann wird auch Apple einlenken müssen. Die Augen geöffent hat mir diesbezüglich Gerd Leonhard mit seinem Online-Buch „The End of Control“ (6 Kapitel als PDF), das ich jedem Leser nur wärmstens empfehlen kann. Mein Resultat: „Inconvenience doesn’t scale“.

Update 17.1.2008
matt_mason.gifSoeben habe ich eine super passende Seite gefunden, die sich ebenfalls mit dem Copyright beschäftigt, bzw. mit dem Piratenrecht bzw. dem Pirate’s Dilemma. Matt Mason selbst ehemaliger Betreiber eines Piraten Radiosenders, Club DJ, TV Produzent und Journalist für Musikmagazine wirft darin einen detaillierten und kritischen Blick auf die eigene Zunft.
Worum gehts?:

piracydilemma_logo.pngThe Pirate’s Dilemma tells the story of how youth culture drives innovation and is changing the way the world works. It offers understanding and insight for a time when piracy is just another business model, the remix is our most powerful marketing tool and anyone with a computer is capable of reaching more people than a multi-national corporation.

(via Wirres.net)

Update 21.1.2008
convergence.jpgEinen weiteren Lektürefund für den Blick in die große Kristallkugel habe ich bei Ulrike gefunden. Sie stellt in ihrem Blog das neuste Buch von Henry Jenkins vor mit dem Titel „Convergence Culture: Where Old and New Media Collide“.
Zitat des Reviews der Choice:

„The standard convergence narrative of recent years presents media concentration as a threat both to the diversity of communication channels and to individuals‘ opportunities to engage in public discourse. A respected and well-established media scholar, Jenkins (MIT) here counters such pessimistic perspectives on the brave new media world with theoretical and evidentiary attestations to the growing power of individuals and grassroots groups to affect the larger media landscape.“

Why do I blog this? Ich möchte auch gerne auf die Zukunft wetten, das macht einfach Spaß und fordert einen intellektuell heraus, wenn man es ernst nimmt. Ganz nebenbei rechne ich damit, dass es in Kalifornien den Big Bang geben wird – ganz einfach deshalb weil niemand damit rechnet.

5 Gedanken zu „Mein Blick in die Kristallkugel für 2008“

  1. @Gerd: Vielen Dank für das Video. Ich muss sagen, ich habe echt ein Aha!-Erlebnis beim Lesen des „End of Control“ gehabt. So klar hat meiner Ansicht nach noch niemand die Thematik zusammengefasst. Vielen Dank für diesen Eye-Opening-Text.

    Ich bin gespannt, wie lange es bei Apple noch dauern wird, bis die Botschaft dort angekommen ist. Das „Tollbooth“ steht ja allerdings bei Apple direkt in einem der edlen Apple Stores – früher nannte man es Hardware-Dongle. :-D

    Vielleicht trifft man sich ja auf der SCOPE_08 oder läuft sich sonstwo mal über den Weg, würde mich freuen. Ich würde auch gerne ein Interview als PodCast mit ein paar Fragen mal machen…

    Aber erstmal wird jetzt meiner Dr.-Arbeit am 29. Januar abgegeben

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