FIfF Jahrestagung & Wettbewerb 2006

Update: 30.10.2006
Dieses Posting wurde ursprünglich schon am 23. Juno gepostet. Aus aktuellem Anlass wird es jetzt nochmal auf die Frontpage geholt! Ein wichtiges Thema, das z.B. trotz der Schlagzeilen zu RFID aus meiner Sicht derzeit kaum überbewertet werden kann.

Vom 3. bis 5. November 2006 wird in Bremen die 22. Jahrestagung der Forums InformatikerInnen für Frieden und gesellschaftliche Verantwortung e.V. (FIfF) organisiert durch die Regionalgruppe Bremen stattfinden. Die Auftaktveranstaltung startet im Haus der Wissenschaft.

Das FIfF hat zum Schwerpunkt die soziale Verantwortung von Informatik zu beleuchten. Vergleichbar ist z.B. die Organisation aus den USA namens
Computer Professionals for Social Responsibility (CPSR), deren Aufgabe es ist: „…promoting the responsible use of computer technology.“ und „As concerned citizens, we direct public attention to critical choices concerning the applications of computing and how those choices affect society.“

Das FIfF-Tagungsprogramm offenbart derzeit bereits ein paar interessante Workshops. Im Rahmen der Veranstaltung wird im Vorfeld die Teilnahme an einem Foto-Wettbewerb angeboten zum Thema „Alles sehen, alles hören, alles machen – dank Informatik“ – ein Thema, das die kritische Auseinandersetzung mit einem möglichen „Zuviel an Informatik“ provoziert.

Erwünscht sind fotografische Beiträge, die mit kritischem Blick zeigen, was „dank Informatik“ ist. Die drei besten Einsendungen werden mit Preisen in Höhe von 333,-, 222,- und 111,- Euro prämiert, die Preisträger-Arbeiten und weitere ausgewählte Einsendungen werden im November in einer Ausstellung am Airport Bremen gezeigt.

Wer einen Flyer zum Ausdrucken benötigt, den gibt es hier (als PDF).

Why do I blog this? Der Wettbewerb fordert auf die Seiten der Informatik zu zeigen, die man nicht in Hochglanz-Magazinen findet. (Mir fiele da zum Beispiel ein, Clearing Center der europäischen Finanztransaktionsfirmen (siehe dazu z.B. hier oder hier) zu fotografieren, oder die Root-Server Zentrale des Internet in Denver/USA, oder die Mautbrücken in Deutschland, usw.) Das hört sich doch interessant an. Im Jahr der Informatik und bei dem bisher genannten Keynote Speaker Karlheinz Steinmüller (Zukunftsforscher und Science Fiction Autor; siehe auch z_punkt) muss ich das einfach bloggen. Sein Thema: „Der nächste Zyklus. Technologie und Mensch im 21. Jahrhundert“. Auch Prof. Heidi Schelhowe von der Uni in Bremen wird einen Vortrag halten, Thema ist: „Zur Macht der Computer und zur Macht der Kinder.“

Angesichts der immer weiter unsichtbar werdenden Technologien (z.B. Computer in der Kleidung) ist es absolut sinnvoll sich mal ein wenig Gedanken zu machen in welche Zukunft wir aufbrechen möchten mit der Informatik. Was kann man tun, was sollte man sich vielleicht zweimal überlegen. So gesehen dreht sich die veranstaltung um wahrhaftes „Social Computing“.

360 Tuworte zur Beschreibung von Lerntätigkeiten

Update: 29.10.2006
Ursprünglich wurde dieses Posting am 14. August 2006 erstmals hier eingetragen. Da das Semester aber gerade begonnen hat, passt es prima, jetzt nochmal nach oben zu gelangen.

Susanne Heyer hat einen Hinweis auf eine Webseite des Center for Teaching & Learning der San Diego State University gegeben. Die Seite enthält eine sehr nützliche Zusammenstellung von 360 Verben, die bestimmte (Lern-)aktivitäten beschreiben, die in schriftlichen Aufgaben von Lernenden ausgeführt werden können. Herunterladen kann man die praktische Übersicht als 360-Worte-PDF-Dokument.

Die Verben sind zwar auf Englisch, aber mit wenig Mühe sollte man diese für sich auch ins Deutsche übersetzen können (notfalls mit Hilfe von Leo). Ich finde die Liste anregend und werde Sie für Tätigkeitsbeschreibungen einzelner Veranstaltungen des kommenden Semesters einmal testweise verwenden. Interessant ist übrigens auch der Bereich „Effective Practices in Teaching & Learning“ der SDSU-Webseite, wie zum Beispiel die „Harvard Teaching Tips“ zum „Self-Assessment of Student Papers„. Reichlich Anregungen für Lehrende für das kommende Semester. (via heyerlevel.de).

Why do I blog this? Gerade im Bereich des Einsatzes technischer Hilfsmittel zum Lernen, z.B. im E-Learning, gerät oft die Technik in den Vordergrund. Dabei ist für ein erfolgreiches Lernen viel wichtiger was man mit der Technik überhaupt macht oder machen kann. Diese 360 Worte bringen aus meiner Sicht mehr Didaktik auf den Tisch als sämtliche Programme zum Einsatz von Notebooks in Uni und Schule. Man sollte dieses Dokument all den Technikern in die Hand drücken, die über den letzten Schrei technischer Neuerung in Schulenund Unis nachdenken und Ihnen sagen: „Bitte kreuzen Sie mir die Aktivitäten in der Wortliste an, die durch Ihre Technik besonders gut unterstützt werden können.“

Virtualität als Ersatz für naturwissenschaftliche Experimente?

Die New York Times hat einen interessanten Artikel mit dem Titel „No Test Tubes? Debate on Virtual Science Classes“ zum Thema Lernen mit Computersimulationen veröffentlicht. Um es schnell auf den Punkt zu bringen, zitiere ich einmal den aus meiner Sicht wichtigsten Satz:

College Board, one of the most powerful organizations in American education, is questioning whether Internet-based laboratories are an acceptable substitute for the hands-on culturing of gels and peering through microscopes that have long been essential ingredients of American laboratory science.

Beispiele für Simulationen, die zunehmend als Ersatz für echte Labore eingesetzt werden, finden sich einige. Unter anderem für das virtuelle Sezieren von Tieren und ein paar ausgewählte weitere:

  1. Sezierung eines Schafsgehirns
  2. Sezierung eines Froschs
  3. Sezierung des Muskelsystems einer Ratte
  4. Sezierung eines Schweins
  1. Virtuelles Chemielabor
  2. Virtual Chemistry Lab
  3. Virtual Physics Lab
  4. Virtual Labs and Simulations
  5. Physikexperimente zu Optik und Mechanik
  6. Schulung von Minentauchern der Deutschen Marine mit VTT (Update 22.11.2006)

Für mich ist das kein e-Learning, obwohl hier durch das Wort „virtuell“ der Eindruck entstehen könnte. Aus meiner Sicht sind es eben ganz einfach Computersimulationen. Das Problem ist also kein e-Learning Problem, sondern es ist ein Problem der Simulation. Die Frage ist also, ob die Simulation einer Sezierung oder eines chemischen Prozesses gut genug ist für das was vermittelt bzw. erreicht werden soll.

Für mich ist die Antwort relativ klar: Realität kann man nicht simulieren. Wenn das so wäre, dann würden Pilotenschüler z.B. der Lufhansa nicht mit kleinen einmotorigen Flugzeugen das Fliegen beginnen und sich dann langsam mit Flugstundenerfahrung auf größere Flieger hocharbeiten. Wenn man Realität simulieren könnte, dann würden diese Piloten ausschließlich am Computer lernen und dann direkt in einen A340 einsteigen und damit abheben. Die Begleitumstände, Kombinationsmöglichkeiten und Folgen eines chemischen Versuchs in der Realität sind aber so vielfältig, das kann man aus meiner Sicht nur schwer angemessen simulieren. Wie will man z.B. den wechselnden Luftdruck, Luftfeuchtigkeit, gelegentliche UV-/Sonnenlichteinstrahlung und Umgebungstemperatur usw. simulieren? Wie die Gerüche, die bei Chemie ja oft entstehen? Wie die Geräusche, die man bei Prozessen hören kann? Wie die Wärmeabstrahlung?

Die Abläufe an sich und die Reihenfolgen von Arbeitsschritten die kann man sicher gut trainieren, das machen Flugpiloten ja auch am Simulator. „Gefühl“ für Flugzeug, Gefahren und Risiken dagegen sind sicher nicht so einfach per Simulation zu erlernen. Es gibt gute Gründe die gegen Simulation sprechen aber auch gute die dafür sprechen. Das ist auch im E-Assessment eine Frage. Wissen über Abläufe und Routinen kann ich z.B. prima in einer Simulation überprüfen. Jemand der an einer Simulation lernt, sollte sich auch genau bewußt sein, das es eben nur eine Simulation ist. Das nennt man auch Rahmungskompetenz! Odeer um es anders auszudrücken: In dem Moment, wo ein Lufthansapilot vergessen würde, dass das Flugmanöver eben NICHT im Simulator stattfindet, dürften sich einige Passagiere deutlich unwohler fühlen (z.B. bei einer sehr steil geflogenen Kurve).

Why do I blog this? Die Frage ist, warum ich endlich mal wieder zum bloggen komme. Ich hab die letzten Wochen ziemlich viel zu tun gehabt, um mein Experiment zur Virtuellen Proxemik vorzubereiten. So einige Hürden schienen schlicht unüberwindbar, mussten aber überwunden werden. Mittlerweile sieht es so aus, als ob es noch klappen könnte. Daher traue ich mich auch mal wieder einen Blog-Entry zu schreiben. Das Thema Simulation ist ja ein Dauerbrenner. In dem Artikel der NYT ist es aber mal umgekehrt zu dem Problem, dass vielen z.B. Computerspiele „zu echt“ sind. Hier ist mal zur Abwechslung jemandem die Simulation „zu unecht“. Für mich fällt beides unter das Grundproblem der Rahmungskompetenz. Denn, ist diese nicht vorhanden oder wird etwa in beiden Fällen ungenügend vermittelt, dann wird es aus meiner Sicht gefährlich für die Menschen drumherum und sogar den Simulationslerner selbst.