Lernobjekt, Learning Object oder RLO, was soll das sein?

Vorwort: Eigentlich wollte ich diesen Blog-Post schon vor einem halben Jahr über den Äther schicken. Irgendwas hat mich abgehalten. Da aber immer wieder das ominöse Learning Object (LO) zum Thema wird, poste ich jetzt meine Ansicht dazu.

Es liegt jetzt schon über ein Jahr zurück, dass ich mich intensiv mit dem Begriff „Lernobjekt“ beschäftigt habe. Jetzt habe ich einen Weblog-Beitrag gefunden mit dem Titel „Learning objects – Is the King naked?“. Das der Titel als Frage formuliert wurde, hat mich bewogen meinen Beitrag als Antwort und Aussage zu formulieren „Lernobjekte existieren nicht!“. Der Autor Teemu Leinonen hat genau das in seinem Beitrag bewiesen, denn der Kaiser trägt keine Kleider!
Ich war sehr erfreut endlich jemanden zu finden, der tatsächlich „nichts“ sieht wo „nichts“ ist. Im Rahmen meiner Forschungsarbeit vor ca. einem Jahr in einem Projekt habe ich ein Paper geschrieben, das sich sehr kritisch mit dem Begriff des Lernobjekts beschäftigt. Leider ist es bei der eingereichten Konferenz abgelehnt worden mit dem Hinweis darauf, dass „Lernobjekt“ ein eingeführter Begriff ist und der zu erwartende Beitrag des Papers zum wissenschaftlichen Erkenntnisfortschritt daher als gering eingestuft wird. Mein Paper „Ideen zum Begriff „Lernobjekt“ – eine Betrachtung aus der Perspektive des Software Engineering“ (als PDF herunterladen) hat also bislang nie das Licht der Welt erblickt. Ich habe mich daher entschlossen dieses Paper nun zur hier im Blog Verfügung zu stellen, weil ich eine weitere Verwertung als Publikation nicht mehr anstrebe, seit ich meinen Schwerpunkt zu LO’s verlassen habe.
In dem Paper betrachte ich den Begriff des Lernobjekts einmal aus der Sicht eines Wirtschaftsinformatikers, der damit eine Software modellieren soll. Etliche Schwächen des Begriffs kommen dabei zu Tage. Ich plädiere deshalb für die Neukonzeption eines Begriffs, der digitale Inhalte und deren Einsatz für das E-Learning beschreibt. Der Begriff der Lernkomponente wird vorgestellt (siehe nachstehende Abbildung).


Abbildung: Lernkomponente (Anklicken für Vergrößerung)

Wesentlich an der Idee der Komponente ist die Kapselung von Inhalten (Content) gemeinsam mit Aktivitäten (Activities) und Beziehungen (Context) zwischen diesen. Das bedeutet, bestimmten Inhalten der Lernkomponente sind bestimmte Aktivitäten zugedacht – also WAS damit passieren soll. Die Komponente trägt in sich die Information über die Beziehungen bestimmter Activities zu bestimmten Inhalten, z.B.: „Schau (ACTIVITY) Dir das Bild vom Eiffelturm (CONTENT) an, dann schreibe auf (ACTIVITY) welche Strukturmerkmale seine Stahlkonstruktion unverwechselbar machen.“. Die Lernkomponente transportiert somit durch die inneren Beziehungen zwischen Content und Activities einen echten Lehr-Lernzusammenhang (CONTEXT). Da ich mich mit dem Gebiet derzeit nicht mehr beschäftige, ist mir relativ egal, ob der Kaiser nackt ist oder ein hübsches Gewandt trägt. Mich würde allerdings interessieren, was andere von dieser Komponenten-Idee halten. :-)

Teemu Leinonen ist zu einer eigenen Definition des Begriffs Lernobjekt übergegangen, aus den gleichen Gründen, die mich zu der Lernkomponente gebracht haben. Er definiert Lernobjekt derzeit so (Quelle: Artikel „Demonstration of LO template prototypes“):

A Learning object is any entity, digital or non digital, that is or is aimed to be used for learning, education or teaching.

Allerdings hat diese Erkenntnis auch ihre Geschichte. In dem Prototypen LeMill soll genau dieses Konzept ausprobiert werden. Der Ansatz der offenbar maßgeblich durch Leinonen in Finnland vorengetrieben wird, erscheint mir sehr, sehr erfolgversprechend.

Update 21.11.2006
Die Geschichte Des Kaisers neue Kleider, von Hans Christian Andersen ist wirklich lohnenswert nochmal komplett gelesen zu werden. Ich habe jetzt die deutsche Fassung davon bei einer Kindergarten-Webseite gefunden. Das passt ganz gut, schließlich ist es ein unschuldiges Kind das zum Ende der Geschichte ruft „Aber er hat ja gar nichts an!“. Ein Kind hat wohl wenig Veranlassung dazu die Wahrheit zu verleugnen. Interessant ist dennoch das Ende der Geschichte, denn der Kaiser „zieht das durch“, obwohl er erkannt hat, dass das Kind Recht hat.

Doch die eigentliche Botschaft hat Andersen wohl verschlüsselt, denn im text heißt es an einer Stelle: „…die Kleider, die von dem Zeuge genäht würden, sollten die wunderbare Eigenschaft besitzen, dass sie für jeden Menschen unsichtbar seien, der nicht für sein Amt tauge oder der unverzeihlich dumm sei.“ Wer die Geschichte bis zum Schluss liest der weiss, das diese Kleider tatsächlich die von den Schwindlern gemachte Eigenschaft haben, denn einzig das Kind und das Volk trauten sich die Wahrheit auszusprechen, alle anderen in „Amt und Würden“, die etwas sahen wo nichts war, wurden durch den „wundersamen, unsichtbaren Stoff“ als Lügner entlarvt.

Update 5.1.2020

In 2005 war ich für extrem kurze Zeit an der FernUni Hagen in dem Projekt Campus Content aktiv. Das Projekt hat eine eher unrühmliche Wendung genommen zu der ich aber lieber keine Worte verlieren möchte und nachdem ich dort weggegangen bin, hab ich mir den Zerfall und das Scheitern nur noch aus der Ferne mit leichter Schadenfreude angeschaut. Nachdem ich das Projekt CampusContent verlassen hatte, musste ich allerdings die sehr negativen Erinnerungen daran irgendwie verarbeiten. Das passierte indem ich einen Rap-Song komponierte… den hab ich jetzt per Zufall auf meiner Platte wiedergefunden und musste laut lachen.

Nachfolgend sieht man ein wenig mehr, um was es in diesem Projekt eigentlich gehen sollte. Folgende Folie fasst es gut zusammen.

Ich hab das mal von deren Webseite zitiert:

Hier eine Beschreibung des DFG Projektes Campus Content — Competence Center for eLearning with Reusable Learning Objects

Quelle: https://eleed.campussource.de/archive/1/94

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Introduction

Given current technology, the development of substantial eLearning materials that exhibit high quality content and are useful in different educational settings is extremely time consuming and costly. This process typically involves different competencies including domain knowledge, didactic capacity, media design skills, usability and accessibility know-how, and programming abilities. The high development costs are only justified if learning contents remain valid for a long period of time or if the development effort for materials that need to be updated frequently can be shared by many users and is applicable in different educational settings. To achieve this goal, different projects pursued research on a modular approach towards multimedia content that ultimately led to novel learning technology standards, such as LOM (Learning Object Metadata) or SCORM (Sharable Content Object Reference Model), and a number of reusable learning object repositories. Experience has shown, however, that LOM and SCORM are weak in handling pedagogical qualities and content repositories are not as successful as expected. This may be due to the fact that these repositories merely focus on content qualities and content management and that they largely neglect the pedagogical context in which such content objects are used and searched for. Another reason is probably the fact that a widely accepted educational categorization scheme for educational scenarios for eLearning applications does not exist as yet.

The Project

The CampusContent project, which starts March 1, 2005, takes up these challenges in an interdisciplinary research approach aiming at the development of a competence center for the production, collection, quality assurance, distribution and re-use of modular multimedia content. The project will adopt the open content approach and rely on open standards. Although – for capacity reasons – the project primarily focuses on the subject areas computer science, engineering and natural sciences, its methods and tools will be designed in such a way that they can be carried over to other disciplines as well. Combining the perspective of advanced computer science methods with models and concepts of media didactics and educational science, the project tries to integrate a technological, pedagogical and social dimension seamlessly.

The technology dimension addresses:

  • the design of a suitable, fine-granular learning object model including rich pedagogical attributes, ontology information standardizing domain knowledge and other meta data supporting, e.g., the discovery of learning objects, their (dynamic) recombination, and their integration with pedagogical scenarios;

  • a framework architecture supporting the combination of learning objects, pedagogical scenarios and e-learning tools into a coherent learning environment; and

  • the implementation of an open content portal providing access to a component, template and pattern repository (cf. Figure 1)

Figure 1 – Organization of the CampusContent Portal

We hope to leverage the productivity of multimedia content production substantially through the provision of more effective methods and tools than we have at our hands today. In particular, we plan to develop reusable design patterns and templates that allow us to cope with great deal of standard problems. We are, for instance, envisaging an innovative animation component system that would allow even IT-illiterate authors to transform their conceptual and didactic ideas into instructive animations and other forms of (audio-) visual representations. Authors would no longer be plagued with low-level programming tasks using Java, Flash, Director and other specialist tools and the sustainability of works could be managed much easier.

The pedagogical dimension aims at a categorization of typical pedagogical scenarios and interaction patterns and a novel web didactic in which such scenarios and interaction patterns are related to a rich repository of learning objects of varying degrees of difficulty, didactic model and media presentation. Through a pedagogy-based extension of current metadata standards we hope to be able to combine learning objects in different pedagogical scenarios meaningfully. If we succeed in organizing learning objects addressing the same learning objective in different ways into clusters of variants, a dynamic linkage of learning objects depending on individual learner profiles becomes possible in a learning process.

The social dimension of the projects strives to build up a community providing for

  • external collaboration,

  • continuous dissemination of the communities’s approach and intermediate results,

  • sustainability and quality of the results, and

  • progress of related national and international standards.

Sponsors

CampusContent is one of currently four Competence Centers for Research Information that were set up in 2004 by the Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG, German Research Foundation). These competence centers are financially supported by the DFG over a period of five years.

Contact

Prof. Dr.-Ing. B.J. Krämer
bernd.kraemer@fernuni-hagen.de


Prof. Dr.-Ing. F. Kaderali
firoz.kaderali@fernuni-hagen.de


Prof. Dr. P. Baumgartner
peter.baumgartner@fernuni-hagen.de


Why do I blog this? Es fällt mir schwer ansehen zu müssen, wie ständig weitere Forscher (z.B. hier, hier oder hier) sich ohne jegliches Hinterfragen auf den Begriff des Lernobjekts stützen, und selbst aktiv an der Produktion von weiteren Nebelkerzen mitwirken. Lernobjekte gibt es nicht! Es mag Lerninhalte geben und Medien zur Inhaltsgestaltung, aber Lernobjekte? Was soll das sein? Mein Beitrag ist nicht dazu gedacht, denjenigen, die den Kaiser in Kleidern sehen diesen Eindruck nehmen zu wollen. Stattdessen ist er für diejenigen gedacht, die bislang noch gar keinen Blick auf den Kaiser geworfen haben oder noch nie mit den um diesen Begriff herum gezündeten Nebelkerzen in Kontakt waren. Ich hoffe auf flinke Schneider, die in erster Linie funktionale und dann vielleicht sogar schöne und günstige Kleidung ersinnen, um sie dem Kaiser in einem unbeobachteten Augenblick überzuwerfen. So könnten wir aus der Situation noch glimpflich herauskommen. Meine persönliche Erkenntnis aus der Sache lautet: Nebelkerzen sind sehr wirksam, aber sie brennen nicht ewig und nicht überall auf der Welt. In Finnland sind sie offenbar schon ausgegangen oder nie gezündet worden. Ich wünsche LeMill daher allen denkbaren Erfolg.

Virtuelle Proxemik: Der „digitale Flur“ wird Realität

Ich muß jetzt endlich einen Beitrag schreiben über meine Dissertation, mit deren Fortgang ich derzeit ganz zufrieden sein darf. Die letzten Monate waren durch extrem viel Arbeit daran geprägt. Klar die vorlesungsfreie Zeit erlaubt es einem sich voll und ganz auf die Forschung zu konzentrieren und das nutzt man natürlich so gut es geht aus. Damit ich meinen selbst gesetzten Zeitplan einhalten konnte, habe ich bislang vollständig auf Urlaub verzichtet, was ich nun doch so langsam merke.

Aber: Es hat sich gelohnt! Seit fast zwei Wochen habe ich das selbst entwickelte Konzept eines „künstlichen Distanzsystems“ in die E-Learning Umgebung EverLearn vollständig integriert. Die neue Technik funktioniert und zwar problemlos! Derzeit kann die neue Softwarekomponente noch niemand sehen, ausser ein paar Eingeweihten und mir selbst. Aber eines ist jetzt schon klar: Für mich persönlich behebt die Komponente jetzt schon genau das Problem, was den Anstoss für meine Überlegungen gegeben hat: Ich sehe endlich die Leute im System, es kommt mir belebter vor als vorher, vertrauter und irgendwie viel normaler! Nicht mehr so anonym und unpersönlich. Eher so wie eben auf einem „digitalen Flur“, auf dem man anderen flüchtig begegnen kann. Die eigene Arbeit bzw. der Aufenthalt in der Umgebung bekommt einen sozialen Kontext.

In wenigen Tagen werde ich das neue Instrument erstmals einer größeren Nutzerzahl im Rahmen einer wissenschaftlichen Untersuchung zur Verfügung stellen. Ich bin sehr gespannt, wie die Reaktionen sein werden und ob das Konzept über die erste Neugier hinaus trägt. Ich vermute, dass es sehr gut funktionieren wird und die Lernenden bald nicht mehr drauf verzichten wollen. Aber das ist nur meine Vermutung. Es wird sehr spannend… :-) Vor allem auch, weil der Hochleistungsserver, auf dem das System läuft seit Semesterbeginn mit ca. 1100 Nutzern überrannt wird. Das ist eine Anzahl für die das System mit der jetzigen Hardware enorm kämpfen muss, um jeden Nutzer bedienen zu können.

In meiner Funktion als Entwickler und zugleich auch noch vetraglich Verantwortlicher für E-Learning Systeme der virtuellen Hochschule Bayern (VHB) habe ich deshalb parallel zur Dissertation die Software EverLearn an vielen Stellen optimiert und auf Geschwindigkeit und Ressourcensparsamkeit getrimmt. Ein Ergebnis war das EverLearn Release 2.0, das seit Anfang Oktober im Einsatz ist. Weiteres Ergebnis sind deutliche Antwortzeitverbesserungen der Software, die wieder unter die magische Zahl von einer Sekunde gedrückt wurden. Dennoch wird wohl bei anhaltendem Wachstum im kommenden Semester kein Weg an einer Aufrüstung der Serverinfrastruktur – die derzeit superstabil (seit drei Jahren kein echter Ausfall!) auf Apple xServe läuft – vorbeigehen. Im November jedenfalls kommen die neusten Servermodelle des Apple xServe raus und die weisen teilweise bis zu dreifache Leistungsdaten in den Bereichen RAM/HD/CPU auf wie das bisherige System. Schön ist einerseits, dass E-Learning einen solchen Erfolgsweg beschreiten kann. Ich hoffe nun aber andererseits erstmal dass die Ressourcen des jetzigen Servers ausreichend sein werden in diesem Semester!

Die Figuren rechts im Bild sind übrigens Teil der neuen Softwarekomponente, ein essenzieller Teil. Sie symbolisieren die Menschen die in der E-Learning Umgebung online sind. Es erinnert ein wenig an Mensch-ärgere-Dich-nicht-Figuren, oder? Das ist kein Zufall!

Why do I blog this? Ich habe eine längere Zwangspause beim bloggen hinter mir. Zuviel Arbeit an der Dr.-Arbeit hat das bloggen in den Hintergrund gedrängt, es fehlte schlicht die Zeit! Das bedeutet aber, dass an anderer Stelle die ganze Kreativität die man vielleicht sonst hier fand, ihre Arbeit getan hat. In meiner Forschungsarbeit eben. Damit der eine oder andere Leser aus meiner Peer-Group ein wenig im Bilde bleiben kann, was hier so passiert, dachte ich mir tu‘ ich jetzt mal einen Eintrag darüber einstellen.

Virtualität als Ersatz für naturwissenschaftliche Experimente?

Die New York Times hat einen interessanten Artikel mit dem Titel „No Test Tubes? Debate on Virtual Science Classes“ zum Thema Lernen mit Computersimulationen veröffentlicht. Um es schnell auf den Punkt zu bringen, zitiere ich einmal den aus meiner Sicht wichtigsten Satz:

College Board, one of the most powerful organizations in American education, is questioning whether Internet-based laboratories are an acceptable substitute for the hands-on culturing of gels and peering through microscopes that have long been essential ingredients of American laboratory science.

Beispiele für Simulationen, die zunehmend als Ersatz für echte Labore eingesetzt werden, finden sich einige. Unter anderem für das virtuelle Sezieren von Tieren und ein paar ausgewählte weitere:

  1. Sezierung eines Schafsgehirns
  2. Sezierung eines Froschs
  3. Sezierung des Muskelsystems einer Ratte
  4. Sezierung eines Schweins
  1. Virtuelles Chemielabor
  2. Virtual Chemistry Lab
  3. Virtual Physics Lab
  4. Virtual Labs and Simulations
  5. Physikexperimente zu Optik und Mechanik
  6. Schulung von Minentauchern der Deutschen Marine mit VTT (Update 22.11.2006)

Für mich ist das kein e-Learning, obwohl hier durch das Wort „virtuell“ der Eindruck entstehen könnte. Aus meiner Sicht sind es eben ganz einfach Computersimulationen. Das Problem ist also kein e-Learning Problem, sondern es ist ein Problem der Simulation. Die Frage ist also, ob die Simulation einer Sezierung oder eines chemischen Prozesses gut genug ist für das was vermittelt bzw. erreicht werden soll.

Für mich ist die Antwort relativ klar: Realität kann man nicht simulieren. Wenn das so wäre, dann würden Pilotenschüler z.B. der Lufhansa nicht mit kleinen einmotorigen Flugzeugen das Fliegen beginnen und sich dann langsam mit Flugstundenerfahrung auf größere Flieger hocharbeiten. Wenn man Realität simulieren könnte, dann würden diese Piloten ausschließlich am Computer lernen und dann direkt in einen A340 einsteigen und damit abheben. Die Begleitumstände, Kombinationsmöglichkeiten und Folgen eines chemischen Versuchs in der Realität sind aber so vielfältig, das kann man aus meiner Sicht nur schwer angemessen simulieren. Wie will man z.B. den wechselnden Luftdruck, Luftfeuchtigkeit, gelegentliche UV-/Sonnenlichteinstrahlung und Umgebungstemperatur usw. simulieren? Wie die Gerüche, die bei Chemie ja oft entstehen? Wie die Geräusche, die man bei Prozessen hören kann? Wie die Wärmeabstrahlung?

Die Abläufe an sich und die Reihenfolgen von Arbeitsschritten die kann man sicher gut trainieren, das machen Flugpiloten ja auch am Simulator. „Gefühl“ für Flugzeug, Gefahren und Risiken dagegen sind sicher nicht so einfach per Simulation zu erlernen. Es gibt gute Gründe die gegen Simulation sprechen aber auch gute die dafür sprechen. Das ist auch im E-Assessment eine Frage. Wissen über Abläufe und Routinen kann ich z.B. prima in einer Simulation überprüfen. Jemand der an einer Simulation lernt, sollte sich auch genau bewußt sein, das es eben nur eine Simulation ist. Das nennt man auch Rahmungskompetenz! Odeer um es anders auszudrücken: In dem Moment, wo ein Lufthansapilot vergessen würde, dass das Flugmanöver eben NICHT im Simulator stattfindet, dürften sich einige Passagiere deutlich unwohler fühlen (z.B. bei einer sehr steil geflogenen Kurve).

Why do I blog this? Die Frage ist, warum ich endlich mal wieder zum bloggen komme. Ich hab die letzten Wochen ziemlich viel zu tun gehabt, um mein Experiment zur Virtuellen Proxemik vorzubereiten. So einige Hürden schienen schlicht unüberwindbar, mussten aber überwunden werden. Mittlerweile sieht es so aus, als ob es noch klappen könnte. Daher traue ich mich auch mal wieder einen Blog-Entry zu schreiben. Das Thema Simulation ist ja ein Dauerbrenner. In dem Artikel der NYT ist es aber mal umgekehrt zu dem Problem, dass vielen z.B. Computerspiele „zu echt“ sind. Hier ist mal zur Abwechslung jemandem die Simulation „zu unecht“. Für mich fällt beides unter das Grundproblem der Rahmungskompetenz. Denn, ist diese nicht vorhanden oder wird etwa in beiden Fällen ungenügend vermittelt, dann wird es aus meiner Sicht gefährlich für die Menschen drumherum und sogar den Simulationslerner selbst.