Geschichtsstunden für Digital Na(t)ives: „Wie war das eigentlich damals ohne Internet?“

chaosradio-logo-transparent-300.pngDer Chaosradio Express (CRE) hat seine 100ste Folge aufgelegt (Respekt!) und das Thema lautet: „Das Internet und die Hacker: Ein Blick auf die Anfänge der Internetze und das Wesen des Hackers“ Diese Folge eignet sich ganz besonders für die Generation-„Was there ever a time without internet?“. Tim Pritlove (Moderation) und Hans Hübner plaudern aus dem Nähkästchen – wunderbar unprätentiös und auf den Punkt. Wer gleich loshören möchte der klicke nachfolgend den von mir deep-gelinkten Player, alle anderen holen sich den Source hier (Achtung: Nettohörzeit ca. 2 Stunden).

[audio:http://chaosradio.ccc.de/archive/chaosradio_express_100.mp3]

Zitat aus dem was einen an Inhalt erwartet:

Die einhundertste Ausgabe von Chaosradio Express widmet sich der Geschichte des Internets und wirft einen besonderen Blick auf die Rolle der Hacker in den frühen Zeiten des Netzes. Im Gespräch mit Tim Pritlove berichtet Hans Hübner von seinen Erfahrungen mit Computernetzwerken aus der Frühzeit der weltweiten „Datenfernübertragung“.

Nach einer kurzen Betrachtung der technischen Entstehungsgeschichte des Internets wird die Realität der internationalen Computernetzwerke und der speziellen Situation in Deutschland zu Beginn der 1980er Jahre beleuchtet: warum Westberlin der optimale Trainingsort für Hacker war, warum eine große Schule nur mit Computer möglich war, wie man auf der frühen Datenautobahn den Mautgebühren entgehen konnte, die Hackerfahrschulen in Deutschland und der Schweiz, die Bedeutung des Usenet für das Internet und die Geburt des „@“, der Sieg des offenbar schlechten über das gut gemeinte, das elitäre Gefühl Hacker zu sein, der KGB-Hack und die Legende des Hackerjägers Clifford Stoll.

Danke an @lutzland für den Hinweis.

Update 6.1.2009
Ein Animationsfilm „History of the internet“ gibt ebenfalls Aufschluss über die Entsteheung des Netz.

Why do I blog this? Selten bietet sich einem die Gelegenheit, eine Primärquelle zu der vergangenen Zeit sogar reden zu hören und nicht nur lesen zu können. Diese Gelegenheit sollte man beim Schopfe packen. In die Diskussion einsteigen kann man dann im Blogbeitrag zur 100sten Ausgabe. Feine Sache.

Am Anfang war Yps wie „Y“

Manchmal passiert’s, da fragt man sich seit wann das eigentlich so ist, dass selbst kleine Rätsel des Alltags einen auch für länger faszinieren. Denn letztlich ist doch die Verlängerung von dieser frühen Faszination die Begeisterung von morgen für Forschung & Entwicklung. Doch wer gibt einem die Antworten auf Fragen, bei denen die Eltern die Segel streichen und andre längst genervt abgewunken haben?

brennstoffzelle_gross.jpgUnd da reicht meine Erinnerung zurück bis zu einem wirklich wichtigen Element. Erst dachte ich es wäre KOSMOS bzw. der „KOSMOS Kasten Elektronik“ gewesen, oder der „KOSMOS Kasten Chemielabor„, aber das stimmt nicht, die kamen viel später (übrigens immer nur die Basisversionen; Kein Experte/XTRA/Profi oder Fortgeschrittener). Auslöser der Faszination für kleine Rätsel des Alltags (z.B. „Wie funktioniert ein Radio?“) habe ich kennen gelernt durch die Yps-Hefte, und zwar ab 1985 (wie ich durch den YPS-Heft-Rechner herausgefunden habe) durch folgende:

  • Yps 450 (Der Solar-Zeppelin)
    Das Ding flog zwar, aber an dem tag wo ich es ausprobierte, war die Sonne zu schwach und der Wind zu stark, so dass er schnell kaputt war.
  • Yps 487 (Das Wunder-Messer)
    Ich weiß noch wie ich versucht habe rauszufinden wie das Ding genau funktioniert, vor allem die Mechanik dahinter.
  • Yps 496 (Der Schieß-Kugelschreiber)
    Das war das Highlight ever, „aufgebohrt“ zu dem, was der Titel versprach aber nicht halten konnte.
  • Yps 501 (Die Riesen-Sommenblumen)
    Die eine Sonnenblume die tatsächlich wuchs, war nicht sonderlich groß! Ich hab das dann nochmal mit normalen Sonnenblumenkernen probiert das klappte gut. Aber man konnte auf jeden Fall jeden Tag zugucken wie das Gewächs größer wurde.
  • Yps 517 (Der Zauber-Ring mit dem Pif-Gesicht)
    Der Ring hat auf Wärme reagiert und dann die Farbe verändert. Das hat mich lange fasziniert!
  • Yps 523 (Das astronomische Fernrohr)
    Damit habe ich erstmals in die Sterne geguckt. Es war primitiv gebaut, aber sehr wirkungsvoll! Einziges Manko, alles war auf dem Kopf stehend. Als Fernglas war es somit nicht wirklich geeignet.
  • Yps 524 (Das Schieß-Radio mit Mini-Pistole)
    Dieses Schieß-Dings war bald langweilig, weil die Spezialpfeile immer wieder eingesammelt werden mussten und irgendwann weg waren.
  • Yps 528 (Das Pulver, aus dem Urzeit-Krebse wachsen)
    Das Glas mit den Krebsen stand Publikumswirksam in der Küche.
  • Yps 529 (Das Futter für die Urzeit-Krebse)
    Das Futter war irgendwann alle und die Krebse dann auch…
  • Yps 530 (Flummi, das flutschige Wabbel-Wunder)
    Das teil war echt witzig und ein haptisches Erlebnis. Irgendwie eine Art frühe praktische Erfahrung des Möbiusbandes
  • Yps 538 (Die geheimnisvolle Zauber-Box, in der alles verschwindet)
    Die Box war nett, aber der Spiegel darin war nicht sonderlich gut, so dass Aufmerksame Betrachter den trick sofort durchschauten.
  • Yps 540 (Der Trick-Kaugummi mit der Finger-Falle)
    Das teil hat bei meinen Freunden tadellos funktioniert und die herausschnellende Federklatsche, wenn man ein Kaugummi zog, tat echt weh. :-D
  • Yps 543 (Der Ostereier-Baum aus Amerika)
    Das Teil ist bei mir verdorrt. Diese Früchte habe ich nie gesehen.
  • Yps 551 (Die verhexte Zigaretten-Box)
    Das Ding war später fester Bestandteil meines Zauberkastens, den ich mal geschenkt bekam. Denn der Trick war wirklich gut und die Mechanik stabil!
  • Yps Extra 85001 (Das rote YPS-Radio zum Selberbauen)
    Das radio war der absolute Hit, man konnte tatsächlich OHNE Strom etwas empfangen, aber man brauchte extrem gute Ohren! Mein Radio hat funktioniert.
  • Yps Extra 86001 (Das Feuerlösch-Boot „Triton III“)
    Das Löschboot war genial, damit hab ich Wasserstrahlantriebe kennengelernt und zugleich das prinzip von Sirenen (wir hatten auf dem Schuldach eine Feuersirene!). Auf dem Gartenteich hat das Ding einige Runden gedreht!

…oder visualisiert als Cover – Quelle ist die grandiose YPS-Fanpage – Danke für die viele Arbeit und den tollen Hefte-Erscheinungsrechner…

yps0450.gif yps0487.gif yps0496.gif yps0501.gif
yps0517.gif yps0523.gif yps0524.gif yps0528.gif
yps0529.gif yps0530.gif yps0538.gif yps0540.gif
yps0543.gif yps0551.gif extra85.gif extra86.gif

Die YPS-Hefte waren für mich eine Instanz! Für wenig Taschengeld (das ich im Rückblick bestens investiert habe) bekam man eine Menge Information über Rätsel des Alltags. Am meisten haben mich die Zaubertricks fasziniert, oder die Gimmicks, die einen Überraschungseffekt hatten. Am langweiligsten waren für mich die Pflanzen und die Urzeitkrebse, aber die haben mich auch was gelehrt: Geduld! Die anderen Gimmicks waren dennoch interessanter. Den Schießkugelschreiber habe ich damals selber mit einer stärkeren Feder und einem selbstgebauten Griff aus Metall versehen. Da war ich stolz wie Oskar, das selbst hinbekommen zu haben. Und dann habe ich noch die perfekte Munition (Getreidekörner) dafür gefunden.

santa-06-june.gifSpäter gab es dann die KOSMOS Kästen, wobei der Chemiekasten meine „Feuerphase“ eingeleitet hat, aber auch der Elektronikkasten war nicht ohne. Elektrisch gezündete Raketen, Alarmanlagen an der Zimmertüre, das waren so Dinge die ich gebaut habe damit.

Bald ist übrigens wieder Weihnachten… einige Kids werden sich einen Ast freuen, über so ein Geschenk! Ganz sicher!!!

Update 28.1.2015
Arte TV bringt eine Dokumentation zu YPS bzw. dem französischen Original „PIF Gadget“.

Sendetermine:
Samstag, 31. Januar um 21:50 Uhr (52 Min.), Wiederholung: So, 08.02. um 2:50 Uhr

pif_gadget

„Pif Gadget“ war in den 70ern die beliebteste französische Jugendzeitschrift. Sie ging aus dem kommunistischen Jugendmagazin „Le jeune patriote“ hervor und war das erste Magazin, dem ein Gimmick beilag. „Pif Gadget“ erreichte Auflagen in Millionenhöhe – viermal so hoch wie das Konkurrenzblatt „Le Journal de Mickey“. Ihren Erfolg verdankte die Zeitschrift aber auch den Comicgeschichten aus der Feder renommierter Autoren wie Goscinny, Gotlib, Mandryka, Uderzo, Mordillo, Tabary und Hugo Pratt. Es folgte ein internes redaktionelles Ringen um Kunst und Kommerz, was angesichts der kommunistischen Gesinnung der Herausgeber erstaunlich war.

Die deutsche Version „Yps“ erschien als westdeutsche Kinderzeitschrift ab 1975 und erreichte ebenfalls Millionenauflagen. Manche Gimmicks, wie die berühmten Urzeitkrebse, haben in Deutschland bis heute Kultstatus. Die Dokumentation zeigt, wie modern und innovativ „Pif Gadget“ seinerzeit war. Auf dem Höhepunkt seines Erfolgs passte das Magazin perfekt in seine Zeit: In den frühen 70ern spiegelte das Gimmick den damaligen Plastikboom wider, während man gegen Ende desselben Jahrzehnts versuchte, das Umweltbewusstsein der jungen Leser zu wecken.

In den 80ern zeigte „Pif Gadget“ erste Alterserscheinungen. Zwei Jahre nach dem Ende der UdSSR wurde das Heft eingestellt. Die Kinderzeitschrift verschwand jahrelang vom Markt. „Yps“ kehrte in Deutschland jedoch im Oktober 2012 als Magazin für Erwachsene an den Kiosk zurück – mit Urzeitkrebsen als Beilage.

Die Dokumentation kann man bereits im Web schauen und man muss nicht warten bis der Sendetermin kommt. Eine durchweg gelungene Dokumentation mit interessanten Einblicken zu Geschichte und Entstehungshintergrund von Pif Gadget aka YPS.

Why do I blog this? Nun, ich habe immer wieder mal so Geistesblitze, die in die Vergangenheit zurückreichen. YPS gehört absolut dazu. Das Magazin zeichnete sich meiner Ansicht nach durch noch eine Besonderheit aus: Es war ausschließlich an Männer bzw. Jungs gerichtet, was der Name des Magazins freiwillig oder unfreiwillig mit dem ‚Y‘ auch unterschwellig zum Ausdruck brachte. So gesehen war es mein erstes Männermagazin (so wollte ich den Blogtitel aber nicht nennen) das ich je gelesen habe. Und ich habe es toll gefunden! Die ganzen Detektivstories, die Tricks als Zauberer, die Technikgeschichte hinter der Entwicklung des Radios, usw. Was ist eigentlich das „Männermagazin“ der heutigen 10 bis 15-Jährigen?

Gilt das Grundgesetz nur noch bei Schönwetter?

grundgesetz__fuer__die__bundesrepublik__id__4719__de_templateid_rawscaled_property_poster_width_69.jpgDas Gesetz über die Vorratsdatenspeicherung im Bundestag ist trotz massiver Proteste der Bevölkerung ganz einfach durchgegangen. Jetzt geht es weiter mit dem BKA-Gesetz zur Online-Durchsuchung. Die Süddeutsche schreibt dazu heute „BKA-Gesetz: Sachsen gegen Schäubles Schnüffelplan“. Die Freiheit der Staatsbürger scheint immer weniger Wert zu haben. Vieles deutet darauf hin, dass wir immer tiefer in eine Vertrauenskrise hineinschlittern, die zum Stillstand führt. Mehrere Indizien zeigen mir, dass dies der Fall ist.

Deshalb habe ich mir einmal die Mühe gemacht, und das Grundgesetz bei der Regierung bestellt. Vor mir liegt die Ausgabe „Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland, Textausgabe – Stand Januar 2007“. Herausgeber ist das Referat für Öffentlichkeitsarbeit des Deutschen Bundestags in Berlin.

Wenn ich mir Artikel 5, 10 und 13 des GG durchlese, dann frage ich mich welche gesetzliche Grundlage z.B. für den Inhalt des Gesetzes zur Vorratsdatenspeicherung gelten soll. ich möchte vor allem den letzten Satz aus dem Vorwort zu zitieren, dort schreibt Dr. Norbert Lammert als Präsident des Deutschen Bundestages:

Was in der Verfassung steht, ist eine Sache, eine andere Sache ist die Frage, ob und wie die in ihr formulierten Werte auch verwirklicht werden. Doch darauf kommt es an. Unser Staat ist angewiesen darauf, dass die Idee der Menschenwürde, die Grundwerte der Freiheit, Gleichheit und Toleranz gelebt werden. Demokratie braucht Bürger, die sich einmischen, die Verantwortung übernehmen, die Engagement zeigen. Das Grundgesetz gibt uns die Freiheit, uns für die humane Gesellschaft, wie wir sie wollen, einzusetzen. Nutzen wir diese Freiheit, jeden Tag aufs Neue.

Wenn man diese Botschaft liest, und sie mit dem vergleicht, was derzeit realisiert wurde und was alles noch geplant ist, dann frage ich mich schon, ob wir nur ein „Schönwettergrundgesetz“ haben. Deshalb nochmals zur Erinnerung Artikel 5 und 10:

Artikel 5, 10 und 13 Grundgesetz:
§5 (1)Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt.

§5 (2) Diese Rechte finden ihre Schranken in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze, den gesetzlichen Bestimmungen zum Schutze der Jugend und in dem Recht der persönlichen Ehre.

§5 (3) Kunst und Wissenschaft, Forschung und Lehre sind frei. Die Freiheit der Lehre entbindet nicht von der Treue zur Verfassung.

§10 (1) Das Briefgeheimnis sowie das Post- und Fernmeldegeheimnis sind unverletzlich.

§10 (2) Beschränkungen dürfen nur auf Grund eines Gesetzes angeordnet werden. Dient die Beschränkung dem Schutze der freiheitlichen demokratischen Grundordnung oder des Bestandes oder der Sicherung des Bundes oder eines Landes, so kann das Gesetz bestimmen, daß sie dem Betroffenen nicht mitgeteilt wird und daß an die Stelle des Rechtsweges die Nachprüfung durch von der Volksvertretung bestellte Organe und Hilfsorgane tritt.

§13 (1) Die Wohnung ist unverletzlich.

§13 (2) Durchsuchungen dürfen nur durch den Richter, bei Gefahr im Verzuge auch durch die in den Gesetzen vorgesehenen anderen Organe angeordnet und nur in der dort vorgeschriebenen Form durchgeführt werden.

§13 (3) Begründen bestimmte Tatsachen den Verdacht, daß jemand eine durch Gesetz einzeln bestimmte besonders schwere Straftat begangen hat, so dürfen zur Verfolgung der Tat auf Grund richterlicher Anordnung technische Mittel zur akustischen Überwachung von Wohnungen, in denen der Beschuldigte sich vermutlich aufhält, eingesetzt werden, wenn die Erforschung des Sachverhalts auf andere Weise unverhältnismäßig erschwert oder aussichtslos wäre. Die Maßnahme ist zu befristen. Die Anordnung erfolgt durch einen mit drei Richtern besetzten Spruchkörper. Bei Gefahr in Verzuge kann sie auch durch einen einzelnen Richter getroffen werden.

§13 (4) Zur Abwehr dringender Gefahren für die öffentliche Sicherheit, insbesondere einer gemeinen Gefahr oder einer Lebensgefahr, dürfen technische Mittel zur Überwachung von Wohnungen nur auf Grund richterlicher Anordnung eingesetzt werden. Bei Gefahr im Verzuge kann die Maßnahme auch durch eine andere gesetzlich bestimmte Stelle angeordnet werden; eine richterliche Entscheidung ist unverzüglich nachzuholen.

§13 (5) Sind technische Mittel ausschließlich zum Schutze der bei einem Einsatz in Wohnungen tätigen Personen vorgesehen, kann die Maßnahme durch eine gesetzlich bestimmte Stelle angeordnet werden. Eine anderweitige Verwertung der hierbei erlangten Erkenntnisse ist nur zum Zwecke der Strafverfolgung oder der Gefahrenabwehr und nur zulässig, wenn zuvor die Rechtmäßigkeit der Maßnahme richterlich festgestellt ist; bei Gefahr im Verzuge ist die richterliche Entscheidung unverzüglich nachzuholen.

§13 (6) Die Bundesregierung unterrichtet den Bundestag jährlich über den nach Absatz 3 sowie über den im Zuständigkeitsbereich des Bundes nach Absatz 4 und, soweit richterlich überprüfungsbedürftig, nach Absatz 5 erfolgten Einsatz technischer Mittel. Ein vom Bundestag gewähltes Gremium übt auf der Grundlage dieses Berichts die parlamentarische Kontrolle aus. Die Länder gewährleisten eine gleichwertige parlamentarische Kontrolle.

§13 (7) Eingriffe und Beschränkungen dürfen im übrigen nur zur Abwehr einer gemeinen Gefahr oder einer Lebensgefahr für einzelne Personen, auf Grund eines Gesetzes auch zur Verhütung dringender Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung, insbesondere zur Behebung der Raumnot, zur Bekämpfung von Seuchengefahr oder zum Schutze gefährdeter Jugendlicher vorgenommen werden.

drink_drive.jpgAll diese Artikel des Grundgesetzes sind nicht irgendein Blödsinn, sondern die Regeln, die wir bei klarem Verstand einmal aufgestellt haben, um ein gedeihliches, soziales Miteinander als zivilisierte Menschen zu ermöglichen. Nun, da uns der Kopf schwirrt von Terror und Finanzkapriolen und jeder jedem misstraut (zumindest misstraut der Staat von Tag zu Tag jedem Bürger ein Stück mehr), finden wir die Regeln offenbar merkwürdig überkommen. Aber ist das nicht auch mit dem Autofahrer das Gleiche, der sich erst sagte er lässt das Auto stehen wenn er Alkohol getrunken hat? Meist kommt ihm diese Regel im alkoholisierten Zustand dann jedoch absolut lächerlich und hinderlich vor und er reagiert sogar aggressiv wenn man ihn am Fahren hindern wollte. Dabei war er bei klarem Verstand vollkommen der Meinung das es in Ordnung ist das Auto stehen zu lassen, wenn der Verstand nicht mehr klar ist.

Mir scheint, die Verstandestrübung in Form von mehr Misstrauen breitet sich weiter und schneller aus als gedacht. Der Staat traut niemandem mehr, weder dem normalen Bürger (Vorratsdatenspeicherung, Aufhebung des Postgeheimnisses, Videoüberwachung allerorten), noch dem Steuerzahler (Aufhebung vom Bankgeheimnis), noch dem Fluggast (Fluggastdatenübermittlung und Nacktscanner, sowie Handgepäckparanoia), noch dem Professor (Evaluation über Evaluation ohne festen Vertrag), noch denen die noch Protestieren (Einschränkung der Versammlungsfreiheit in Bayern) und viele andere mehr.

Die große Vertrauenskrise ist längst da! Es ist eine Vertrauenskrise die in erster Linie aufgrund eines getrübten Verstandes die Regeln des Grundgesetzes für lächerlich überkommen erachtet. Der Verstand sagt: „Das Grundgesetz gilt nur bei schönem Wetter, wir aber haben gerade schlechtes Wetter, also gilt es nicht mehr!“ – Damit stellt sich der so argumentierende Verstand auf die gleiche Stufe wie ein alkoholisierter Oktoberfestgänger der mit dem Wagen nach zwei Maß Bier nach Hause fahren möchte, obwohl er weiß das das einige Straßenverkehrsopfer zeitigen könnte.

Stoppt die Vorratsdatenspeicherung - www.vorratsdatenspeicherung.de

Wie lange fragt man sich da, dauert es dann eigentlich noch, bis die Meinungsfreiheit als ein überkommenes Relikt aus Schönwetterzeiten gilt? Ist es gar schon soweit? Prof. Dr. Michael Kerres von einer Universität in Nordrhein-Westfalen jedenfalls scheint dieser Ansicht bereits zu sein. Wie sonst könnte er in seinem Beitrag „Bloggen an Unis?“ (hier als Grafik archiviert) schreiben:

Eigentlich wollte ich dem Kollegen raten, seine Blog-Einträge stehen zu lassen. Er hat sie gelöscht. Kann ich verstehen.

Er hätte seinen Beitrag auch „Freie Meinungsäußerung an Unis?“ nennen können. Das hätte es deutlich besser getroffen. „Bloggen“ das beschreibt das Exponieren der eigenen Meinung, ein Vorgang der vollumfänglich von unserem Grundgesetz gedeckt ist. In einem Extraartikel des GG ist sogar das Recht der Professoren auf eine freie Lehre gedeckt. Der Professor ist somit sogar doppelt vom GG abgesichert. Trotzdem kann Kerres es „verstehen“, dass der Kollege seine Meinung lieber löscht? Ich frage mich ob ich das auch verstehen sollte. Ich denke nein!

Update 19.11.2008
Freie Meinungsäußerung ist originär eine Professorenverantwortung – denn mit dem Privileg (Doppelter Schutz der Meinungsfreiheit (1)/Freiheit der Lehre (2) durch das Grundgesetz) kommt die Verantwortung! Gut dass das andere auch so sehen.

Update 22.12.2008
Heute habe ich einen Beitrag auf change.gov von Lawrence Lessig gesehen, der tatsächlich ein ganz ähnliches Thema thematisiert wie dieser Beitrag: Trust und Mistrust bzw. die Vertrauenskrise in den Staat USA. Lessig identifiziert ebenfalls Vertrauen als den entscheidenen Faktor. Interessanter Weise hat er einen Vorschlag zur Verbesserung, der in dem folgenden Video von ihm verdeutlicht wird.


(via whois-blog)

Why do I blog this? Ich frage mich, woran es liegt, dass in einem Akt vorauseilenden Gehorsams die eigene Meinung lieber gelöscht wird, als den Disput zu suchen. Liegt es an einer allseits um sich greifenden Vertrauenskrise? Ist es ein vernebelter Verstand? Ist das Grundgesetz ungültig, weil wir schlechtes Wetter haben? Um es mit Norbert Lammerts Worten zu sagen: „Das Grundgesetz gibt uns die Freiheit, uns für die humane Gesellschaft, wie wir sie wollen, einzusetzen. Nutzen wir diese Freiheit, jeden Tag aufs Neue.“ Dieser Blogbeitrag von mir ist mein Beitrag dazu, von diesem Recht Gebrauch zu machen. Sollte die Uni Bremen diesen Beitrag bzw. meine Meinung löschen wollen, gehe ich notfalls ganz einfach bis zum Bundesverfassungsgericht, so einfach ist das. Ich trage die volle Verantwortung ganz allein für meine Schreibe und das heißt, dass ich auch das Recht auf freie Meinungsäußerung mitverantworte.