I have a dream: Partizipartive Softwareentwicklung

mydreamappDer Wettbewerb ist eröffnet: My Dream App soll die Fantasie der Anwender inspirieren die 24 besten Vorschläge zu unterbreiten, für DAS Mac-Computerprogramm, das noch fehlt. Jeder kann bis zum 30. August 2006 mitmachen.

Der Contest partizipartiver Softwareentwicklung (Neudeutsch: Software „built-to-order“) tritt an, die Wünsche von drei Ideengebern Realität werden zu lassen. Hier wird der Ideengeber aber nicht nur in dieser Hinsicht beteiligt: Das Teilnahmereglement sieht vor, dass die drei Teilnehmer, deren Ideen gewinnen (Wer gewinnt wird durch Abstimmung des Publikums entschieden), nicht nur ihre Idee realisiert sehen werden, sondern auch mit 15 Prozent an den Einnahmen beteiligt sind, wenn die Anwendung erfolgreich verkauft wird.

Die begleitende Jury ist hochkarätig besetzt durch ehemalige Apple Design Award Gewinner, die ihr Können in Sachen Softwareentwicklung unter Beweis gestellt haben und sich nach Abschluss des Wettbewerbs an die Umsetzung machen. Knackpunkt wird wie in jedem Softwareentwicklungsprozess die Kommunikation mit den potenziellen Anwendern/Ideengebern sein. Denn die durch unterschiedliche Fachsprache existierende Kommunikationsbarriere zwischen Technikern und Anwendern wird auch hier zu überwinden sein. Das Spannende: Diese Kommunikation soll offen geführt werden, denn die Ideengeber müssen Ihre Ideen öffentlich dem Diskurs stellen, diese verteidigen und ihnen wichtige Punkte herausstellen.

Update 28.8.2006
Bei techcrunch wird in einem Artikel ein ähnliches Projekt namens cambrianhouse vorgestellt, dessen Webseite übersät ist mit Buttons die lauten „Submit Idea“. Sie nennen Ihr Vorgehen „crowdsource“ offenbar in Anlehnung an Open Source. Scheinbar gibt es einen zunehmenden Wettbewerb um Ideen für Software bzw. partizipartive Softwareentwicklung. Ganz sicher sind beide Projekte für Entwickler interessant, denn allein aus den Diskussionen kann man schon viele tolle Ideen gewinnen. Vielleicht auch ein Weg der für grosse Unternehmen gangbar ist, Kunden schlagen etwas vor und werden finanziell am Erfolg beteiligt. Quasi das klassische Vorschlagswesen expandiert auf das gesamte Netz.

People want your content in their space

elearning2006logo2Auf der EU e-Learning Conference 2006 ist mir ein interessanter Beitrag aufgefallen (leider der einzige zu dem ich Media-Material gefunden habe). Der Beitrag „Social Web in Support of Informal Learning“ stammt von Teemu Arina und ist auch als PDF und Podcast abrufbar. Gefallen hat mir seine Schlussfolgerung, die er aus der zunehmenden Vernetzung zieht: People want your content in their space. Das erinnert mich an „Jäger & Sammler“ Instinkte, was ich gefunden bzw. erjagt habe möchte ich mitnehmen und behalten, rekombinieren, manipulieren usw. zumindest in Form einer Kopie. Genau wird es oft brenzlig mit dem Copyright.



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Hier eine Übersicht von 4 Folien, die seine Aussagen zu einer vernetzen Lernumgebung – die auf Agggregation als Grundprinzip beruht – ein wenig zusammenfassen. LMS stellen für Ihn offenbar einen „Hierarchical approach“ dar der „broadcasting“-orientiert ist. Schaut man auf Weblogs als „LCMS light“, dann ist „narrowcasting“ bzw. „Aggregation“ in diesen schon mit eingebaut, man könnte Sie als PLE auffassen. Viele LCMS rüsten diese Möglichkeiten (Netzdienste einzubinden) auch langsam nach.
Die große Frage ist für mich was meint Herr Arina genau mit „Decentralized PLE“? Ich meine dezentrale Personalized Learning Environment ist ein hübsches Wort, aber was genau ist da anders oder neu? Soll es das überkomplexe Patchwork-System werden (denn von selbst dürfte sich nicht viel aggregieren), oder wie Michael Kerres vorgeschlagen hat, eher die Wahl des Lernenden seinen „digitalen Stift“ und sein „digitales Papier“ sich selbst aussuchen zu dürfen?
Ich würde nicht uneingeschränkt Google zur Bekanntmachung von kopiergeschütztem Content empfehlen, aber der Grundaussage die darin steckt, den eigenen Content generell über eine Schnittstelle transportabel bzw. übertragbar und damit integrierbar zu machen, so dass er in den eigenen Learning Space integriert werden kann, stimme ich voll zu.

Why do I blog this? E-Learning bekommt viele neue Impulse durch die vielfältigen Webdienste, die mittlerweile vollständige Office-Funktionen nachbilden können (z.B. NumSum als Excel-Derivat). Die Idee die gesamte Vielfalt an Netzdiensten, die es im Web mittlerweile gibt in einem „Mashup“ (ich nenne es Patchwork) zusammenzubringen ist attraktiv. Es bleibt die Frage, klappt das auch wirklich? Damit Prozesse der Verarbeitung problemlos ineinandergreifen ist eine Menge Standardisierungsarbeit notwendig. Auf dem Apple Macintosh gibt es da z.B. die Script-Sprache AppleScript oder neuerdings den Automator, der verschiedene Applikationen (sofern sie den Standard unterstützen) für einen Prozess einspannt und damit integriert. Ich glaube eine solche Integration hinzubekommen, die einfach zu bedienen ist, ist ein echtes Kunststück, wenn sie überhaupt gelingt. Das ist und bleibt für mich der existenzberechtigende Grund für grosse Systeme, bei denen Integration und Zusammenspiel von Prozessen bereits bei der Architektur mitgedacht werden. Auch wenn dadurch eine gewisse Zentralisierung bzw. Monolithisierung eintritt.

Web 2.0 vs. Web 1.0

Die Beiträge zum Begriff Web 2.0 werden mittlerweile konkret. Einen Beitrag vom 30.5.2006, der mir sehr gut gefallen hat, ist der Podcast von Prof. Kerres zum Thema „web 2.0 | and its implications for eLearning“ (siehe auszugsweise Bilder aus dem podcast unten). Herr Kerres hat hier eine Gegenüberstellung (1.0 vs. 2.0) versucht und denke ich viele wirklich treffende Dinge berücksichtigt. Leider ist der Podcast etwas arg gross geraten (170 MB File). Ich habe die Datei einmal durch die Komprimierungsfunktion von QuickTime geschickt und hatte sofort ein 20 MB iPod File (wer also die kleine Version laden möchte kann das gleich hier tun). Den Hinweis auf diesen Beitrag hab ich bei Stephan Mosel gefunden.

Besonders gut gefallen hat mir die Metapher von Herrn Kerres zwischen Web-Werkzeugen und bisherigen Werkzeugen zum Lernen. Das Aufzwingen von e-Learning Lösungen ist demnach vergleichbar als ob man den Studenten vorschreibt, dass Sie nur mit schwarzen Filzstiften der Marke „Pelikan Fineliner Nr. 217“ auf hochweissem und linierten Schreibpapier der Marke „Schloebke“ schreiben dürfen. Eine offensichtlich absurde Idee (die ich allerdings in der Schulzeit selbst erlebt habe bei einem Französischlehrer des Gymnasiums).


Auszug aus Folien des Podcast von Herrn Kerres – Anklicken zum Vergrössern.

Auch John Erpenbeck von der Humboldt Universität (Leiter des deutschen Grundlagenforschungsprogramms „Lernkultur Kompetenzentwicklung“) hat einen spannenden Beitrag zu Web 1.0 vs. Web 2.0, siehe nachfolgende Folien als Auszug aus seinem Vortrag auf der EduMedia Fachtagung 2006.


Auszug aus Folien des Vortrags von Herrn Erpenbeck – Anklicken zum Vergrössern.

Weitere Quellen zum Thema Web 2.0 / e-Learning 2.0:
– „Web 2.0: A New Wave of Innovation for Teaching and Learning?“ von Bryan Alexander, EDUCAUSE Review, vol. 41, no. 2 (March/April 2006): 32–44
– „E-Learning 2.0“ von Stephen Downes, eLearn Magazine

Why do I blog this? Der Begriff Web 2.0 und sein Ausstrahlungseffekt auf Teilbereiche des Web z.B. E-Learning ist aus meiner Sicht der Schlüssel zu den „wahren“ Qualitäten des Netz. Diese Qualitäten liegen in der dezentralen Steuerung der Netzentwicklung und ganz wesentlich in den niedrigen Kosten der Verbindung User-to-User (siehe Artikel in der WIRED zu The Long Tail). An vielen Stellen im Web finden viele kleine Veränderungen und Weiterentwicklungen statt, die eben nicht durch zentrale Instanzen etabliert werden, sondern durch die Nutzer selbst. Ein Begriff der zu Web 2.0 passt wie kein anderer ist daher z.B. E-Participation. Die Teilhabe des Einzelnen an der weiteren Entwicklung des Web. Diese Teilhabe hat jedoch auch aus meiner Sicht auch Ihre Grenzen wenn z.B. die Fähigkeiten der Softwareentwicklung gefragt sind vom Nutzer. Derzeit könne zwar Nutzer das Web gestalten, aber sie benötigen teilweise doch erhebliche Kenntnisse der Softwareentwicklung. Ebenfalls würden sämtliche Web-Aktivitäten und Funktionsweisen des Web 2.0 sofort zum Stillstand gelangen, wenn die Internetverbindungen/Hyperlinks kostenpflichtig gemacht würden. Das wäre der Todesstoß für die Dezentralität. Dann würde nicht mehr der semantische Content die Struktur des Web ausprägen, sondern die finanziellen Kosten. Während die ersten Gehversuche im Internet durch stupide Übertragung alter Medienformen in das Netz durch zentrale Institutionen (Unternehmen, Universitäten, Behörden, Vereine usw.) geprägt war, findet nun jedoch endlich die „Science of the Artificial“ Einzug in das Netz und es werden wirklich neue Wege des Netzgebrauchs geschaffen. Web 2.0 steht meiner Ansicht nach auch für diese Veränderung. Das alles kann jedoch schon morgen der Vergangenheit angehören, sollten Netzbetreiber beginnen jeden geklickten Hyperlink mit Micropayments in Rechnung zu stellen. Weblogs wie dieses hier würden sofort unrentabel für den Betreiber und die Besucher!