Amiga 500 mini: The missing (sane) manual

Ich hab mir vor kurzem einen Amiga 500 mini gekauft (nicht zu verwechseln mit dem Commodore Amiga mini), eine sogenannte Retro-Konsole. Und ich muss sagen ich bin ziemlich begeistert… jetzt wo ich das Teil mit meinen Games ans Laufen bekommen habe.

Leider war das ein ziemliches Gewuerge, bis ich endlich die richtige Kombi aus FAT32-USB-Stick und noetigen Dateien in den Amiga gefuettert hatte, um einerseits ein Firmwareupdate durchzufuehren und andererseits meine Games starten zu koennen. Das geht definitiv einfacher und ein guter Teil des Aergers (mit dem ich nicht allein bin) hat mit der Anleitung zu tun, die in vielerlei Hinsicht nicht genau genug ist. Damit meine ich nicht die Quick Manual die der Packung beiliegt. Die enthaelt das noetigste um schnell starten zu koennen.

Unboxing

Aber erstmal das Wichtigste zuerst, wie schaut das Ding aus? Was kommt alles mit?

Verpackung Maus und Gamepad Controller
Der Amiga 500 mini mit Quick Manual
Nicht im Lieferumfang enthalten:
USB-Netzteil (wohl aber das Kabel USB-Typ-A-zu-USB-Typ-C), USB-2.0-Stick, Joystick Competition Pro Classic, Joystick Competition Pro Gold und die Diskettenbox mit Inhalt (lediglich zum Groessenvergleich) – Nicht im Bild, das mitgelieferte HDMI-Kabel mit passender Amiga-beige Farbe

Das Gamepad ist quasi unerlaesslich zur Bedienung des A500 mini, denn die Menu und Home-Taste werden staendig benoetigt. Damit ist dann auch schon einer von den 3 USB-Typ-A Ports belegt, der naechste wird meist von der Maus belegt, und ein weiterer dann mit dem USB-2.0-Stick. Joa, und dann stellt man fest, dass man einen aktiven (mit eigener Powerversorgung) USB-Hub benoetigt, um auch noch ein Keyboard anschliessen zu koennen. Es gibt aber auch die Moeglichkeit ein Virtuelles Keyboard mit Hilfe des Gamepad einzublenden.

The missing manual

Es verhaelt sich mit dem Retro-Amiga genau wie mit jedem anderen neumodernen Gadget, die echte Anleitung liegt NICHT bei, die gibts nur noch als PDF im Internet und die hat den Dateinamen THEA500-Mini-User-Manual-v1.0.0.pdf und den Titel „THEA500 User manual v1.0.0“ (Link 1, Link 2). Nachdem ich die ersten Schritte gemacht hatte und der A500 am Beamer erfolgreich lief, war mein Interesse geweckt die ganzen schoenen .ADF-files die ich bereits fuer meinen UAE (Amiga Emulator) gesammelt hatte, auch auf dem A500mini ans Laufen zu bringen.

Dafuer benoetigt man zunaechst einen Download von der Webseite namens THEA500-WHDLoad-package-1.0.1.zip, der Code enthaelt oder installiert, so dass man weitere Games per USB-Stick laden kann. Und da fangen die Probleme bereits an mit der Anleitung auf der A500mini-Webseite.

Das moechte ich jetzt gerne korrigieren. Fast-forward, wer Info zu dem ADF-File-Support sucht sollte gleich mal hier lang gehen.

Was die Anleitung schonmal nicht schreibt, ist, wie man den USB-Stick vorbereiten sollte, der am Amiga 500 mini zum Einsatz kommt. Denn da gibt es einiges zu beachten:

  1. Der USB-Stick sollte kein fancy neuer USB-Stick sein, sondern USB 2.0 sprechen
  2. Der USB-Stick muss zunaechst (unter macOS) mit folgendem Aufruf im Terminal formatiert werden:
    sudo diskutil eraseDisk FAT32 MBR /dev/disk4 (WICHTIG: der Teil /dev/disk4 muss dynamisch ersetzt werden!!)
    Dafuer gibt man auf dem Terminal diskutil list ein und schaut welche disk# der USB-Stick hat.
  3. Auch wenn danach der Mac den USB-Stick nur als FAT16 erkennt, ist das dennoch FAT32, der Mac ist an der Stelle einfach zu dumm
  4. Danach entpackt man THEA500-WHDLoad-package-1.0.1.zip und daraus entsteht ein Ordner namens THEA500, den man als einzigen Ordner komplett auf den Stick kopiert. Also nicht etwa den Ordnerinhalt, nein den gesamten Ordner auf den USB-Stick schieben.
  5. Was die Anleitung nicht sagt, das ist im Prinzip das erste Firmwareupdate des A500 mini bzw. ein Patch

Ich hatte zunaechst eine SD-Karte formatiert, ging nicht. Weil der SD-Karten-Adapter zu neues USB-3.0 sprach. Dann einen schnellen USB-Stick, der war auch zu neu. Dann einen altn USB-2.0-Stick, der funktionierte dann endlich nach der ganzen Formatiererei. Und dann war ich stets verwirrt, warum der Mac im Festplattendienstprogramm immer FAT16 statt FAT32 anzeigte, bis ich dann heruasfand, dass der einfach falsch anzeigt. Joa.

Wie dann das Firmware Update und den ADF-Files dann lief schreib ich irgendwann mal weiter… auf jeden Fall hab ich das Ding dann updated bekommen und spiele nun meine gesammelten ADF-images.

To be continued…

Alternativen

Natuerlich ist der Amiga 500 mini bei weitem nicht der einzige Weg, wie man die alten Spiele wieder spielen kann. Der UAE war bislang mein favorisierter (weil einziger) Weg unter macOS. Das tolle daran ist, dass sogar das Diskettenlaufwerk mit den original Sounds reproduziert wird. Aber es gibt unter anderem seit es den RaspberryPI gibt zig RasPI-basierte Retro-Gaming-Loesungen. Keine der folgenden Loesungen verbreitet jedoch den Charme des wunderbaren Gehaeuses und der LED’s die der A500 mini bringt. Wuerde die Tastatur an dem Ding funktionieren und statt eines USB-Sticks ein SD-Karten-Slot fuer die Games vorgesehen (z.B. da wo das Diskettenlaufwerk sonst sitzt) waere ich wunschlos gluecklich. Aber hey, die Wahrscheinlichkeit dass ich jetzt mal wieder Games spiele ist um Tausend Prozent gewachsen, denn am Mac macht das einfach weniger Spass als am TV Geraet.

Hier mal ein kleiner Ueberblick ueber alternative Retro-Loesungen:

Amibian (Link 2) Amiberry
RetroPIE Batocera.linux
Recalbox FS-UAE Amiga Emulator

Games bis zum Umfallen

So und jetzt hab ich Besseres zu tun, als einen Blogpost zu schreiben… ich will Amiga 500 Zocken!!111

Reviews des Amiga 500 mini

Es gibt mittlerweile an vielen Stellen Reviews zum Amiga 500 mini. Einige der aus meiner Sicht lesenswerten hab ich hier mal verlinkt.

Wer die Hardware richtig ausreizen moechte… es gibt da Wege und Moeglichkeiten. :)

Why do I blog this? Ich mag meine neue, alte Freundin… Amiga 500 mini nach all der Zeit immer noch. Ich hab mich gefreut wie ein Kind, als ich das Ding ausgepackt habe. Ja, der Preis mag nicht angemessen sein, aber es hat fuer mich seinen Wert. Einziger Wermutstropfen ist wirklich die nicht funktionierende Tastatur (die Funktionstasten fehlen am meisten) und ein SD-Karten-Slot fuer die Games im Floppydrive, das dann auch Ladegeraeusche machen sollte wenn die gruene Lampe angeht. Ansonsten ist alles chic. Wer nach noch mehr Retro-Content sucht, kann gerne in meinem Posting „Retro Computing – Spaß mit Klassikern für den Amiga“ weiterlesen. Wer dann immer noch nicht genug hat, der kann ja mal die Geschichte des Amiga nachlesen. Oder wie man mit dem echten A500 noch was hacken kann.

0xfefe: Danke für Nichts (Post mortem)

Der eine oder andere hat vielleicht schonmal von Fefe’s Blog gehört. Das ist eine Blog-Installation, die durch die Person Felix von Leitner mit regelmäßigen Inhalten gefüllt wird. Ich weiß nicht wann ich zum ersten Mal mit dem Blog in Berührung gekommen bin, aber das muss so um den 27c3 herum gewesen sein. Ich bin zum ersten Mal mit Inhalten von Fefe konfrontiert worden im Rahmen der Fnord News Show bzw. der Fnord Jahresrückblick 2009 auf dem Chaos Communication Congress 26c3 (mein erster Congress).

Als ich zum Zeitpunkt des 27c3 ein Jahr später Langeweile hatte, begann ich während wir mit einigen CCC’lern dem 27c3 per Videostream beiwohnten, eine kleine iOS App zu basteln, die Inhalte von Fefe’s Blog per RSS-Feed abholen und anzeigen sollte. Die erste primitive Version funktionierte bereits gegen Ende des 27c3 auf meinem Development iDevice, damals noch ein iPhone 3GS.

Nachdem die App einigermaßen stabil lief, packte ich die einfach kostenlos in den AppStore. Zu dem Zeitpunkt war ich ein eher schlechter iOS Developer (weil noch Anfänger in Sachen iOS) und ich habe iOS an einigen Stellen absolut nicht verstanden. Die App lief zwar, aber sie hatte einige extrem CPU-ineffiziente Stellen, da ich ein paar fancy Animationen haben wollte und die Renderingmechanismen bis zur Unkenntlichkeit falsch benutzt habe.

Die Fefe App (2010)

Hier ein Rückblick auf die erste Version der App die so um 2012 existierte und durchaus eine recht lustige User Experience bot durch die fancy Animationen:

Launch Screen Postingübersicht Posting mit Kommentaren Farbschema grün Farbschema Cyan

All diese runden Gebilde drehte sich in sich selbst und es gab ein herrlich dynamisches Gesamtbild. Man beachte, dass es zu dieser Zeit Kommentare zu Fefe’s Blog gab über eine nicht zum Blog selbst gehörende URL als Service refefe (http://blog.refefe.de/rss.xml). Das heisst Leute konnten da extern kommentieren und als ich das mitbekommen hatte, hab ich die Kommentare natürlich ebenfalls in der App angezeigt.

Aufgebaut hatte den re:Fefe-Service (vermutlich auch aus blossem Spass an der Freud) Linus Neumann. In 2013 hielt Linus zusammen mit anderen dazu einen recht empfehlenswerten und kurzweiligen Vortrag mit dem Titel „Die Trolldrossel (Erkenntnisse der empirischen Trollforschung)“ (hier bei Youtube).

Später bekam Linus für diese Aktion noch eine Abmahnung von Fefe’s Anwalt (zumindest sah das für Außenstehende so aus) das Schreiben (Seite 1, Seite 2, Seite 3) schaut zunächst ernstgemeint aus, aber das Veröffentlichungsdatum 1. April sollte bereits stutzig machen.

Und so berechtigt war es dann auch die Echtheit zu bezweifeln. Die Aufklärung zu dem Schreiben wurde auf der Anwaltsseite selbst veröffentlicht mit dem Wortlaut:

[…] Nachdem die Trollkommentar-Datenbank bemerkenswerte Ausmaße annahm und damit repräsentative Auswertung erlaubte, war es an der Zeit, das re Fefe-Blog würdig zu beenden.

Ein bloßes Abschalten hätten jedoch die Trolle nicht verstanden und als Zensur bewertet. Zudem konnte niemand voraussagen, wie die Trolle auf einen kalten Entzug reagieren würden. Um sich aus der Schusslinie zu nehmen, bat mich Linus um einen anwaltlichen False Flag-Angriff in Form einer 1.April-Abmahnung, die gegenüber den Trollen das Abschalten „erklärte“. Fefe war natürlich eingeweiht und einverstanden. […]

Der ReFefe-Service und die Kommentare wurden dann im April 2014 eingestellt mit Hinweis auf das Fake-Anwaltsschreiben mit dem folgenden Hinweis:

Da mir rechtliche Konsequenzen drohen, muss ich diese Seite leider schließen.
Mein Anwalt rät mir, mich nicht zum laufenden Verfahren zu äußern.
Ich hoffe ihr habt dafür Verständnis.

Mich hat damals – als ich begann Fefe’s Inhalte zu besuchen – denke ich die reine Sensationslust zu diesem Blog getrieben. Ich fand die Art und Weise wie dort polarisiert wurde vermutlich anziehend. Heute würde ich sagen, es war viel mehr mein Ego das von diesem Blog angezogen wurde. Das Ego, das nach einfachen Lösungen nach klaren Bewertungen, nach Empörung gesucht hat, um sich sein eigenes vielfach negatives Weltbild zu verstärken. Ich war unwissend. Mein Blick war verstellt. Mein Unbewusstsein hat es geschehen lassen, dass ich für dieses Blog eine App erstellt habe, die möglicherweise sogar noch zu dessen Popularität beigetragen hat (ebenso wie übrigens Re:Fefe).

Primär hatte mich eigentlich nur interessiert, iOS Aps zu entwickeln und die Möglichkeiten des iDevice auszureizen. Ich wollte mich optisch mit dem Userinterface alternativ ausprobieren und zugleich ein wenig mit CoreGraphics und CoreAnimation – zwei wichtigen iOS Frameworks – Spass haben. Rückblickend bedauere ich es sehr, für dieses Blog eine App entwickelt zu haben.

Nunja die Zeit ging ins Land, da die App funktionierte, bekam sie lange Zeit kein Update. iOS 7 brachte dann den großen UI-Style-Wechsel in UIKit und es war notwendig alle Apps anzupassen. Da ich eine Menge eigener Apps anpassen musste, nahm ich das zum Anlass eine zweite Version der App zu entwickeln und die Fefe App damit ebenso an den neuen Stil anzupassen. Diesmal, um meine Learnings im iOS Development einzubringen und das UI deutlich effizienter und performanter zu bauen. Für mich war es wieder eher die technische Challenge die mich erneut dazu trieb die App zu erweitern.

Die 0xfefe App (2014)

Es entstand die 0xfefe App, die App im Store wurde also auch umbenannt von Fefe in 0xfefe. Ziel der neuen Version war zugleich, die App nicht mehr ausschließlich an Fefe’s Blog zu koppeln. Stattdessen sollte die App beliebige RSS-Feeds als Quelle nutzen können. Diese App war daher in der Lage, jede beliebige RSS-Feed-URL als Konfiguration zu verwenden und den Feed dahinter anzuzeigen. Das ließ sich über die iOS Settings konfigurieren und war auch meine technische Rückversicherung, falls Apple die App wegen der Inhalte ablehnen sollte. Wär die App abgelehnt worden, hätte ich einfach einen anderen RSS-Feed integriert und den Nutzern einen Hinweis eingeblendet, wie sie ihr Lieblingsblog selbst konfigurieren könnten.

In der Praxis, haben allerdings lange nicht alle RSS-Feeds so gut mit der App funktioniert, wie der Feed von Fefe’s Blog, was daran lag, dass viele der RSS-Feeds da draussen im Web keine Full-Content-Feeds sind. Ich selbst hab nur während der Entwicklung andere Feeds konfiguriert, um zu testen, ob alles damit klar geht. Im täglichen Betrieb hatte ich nie eine andere URL konfiguriert.

Die zweite Version der App war letztlich ein weitreichender Rewrite. Das gesamte UI wurde neu geschrieben und auch um eine SoundEngine mit vielen lustigen Sounds bereichert. Es gab Favoriten und Statistiken und umfangreiche Konfigurationsoptionen. Viele neue Farbschemata kamen hinzu (inklusive eines Tageslicht-Scheme; das früh die Dark-/Light-Theme Features die heute normal sind vorwegnahm), und die fancy Animationen der Post-Entry-Buttons wurden auf CoreAnimation-konforme Technik umgestellt, die nur einen winzigen Bruchteil der vorherigen Performance schluckte.

Wem einige der App Sounds bekannt vorkamen, der hat vielleicht bemerkt, dass ich einige Sounds aus einer Flash-Datei extrahiert hatte, die damals von Kim Schmitz (alias Kimble) auf seiner Webseite kimvestor abrufbar war. Ich fand die Sounds so schön futuristisch und da es mir ja lediglich um ein Spassprojekt ging, hab ich da auch beherzt reverse-engineered, um die Sounds aus der kimvestor-flash-Datei zu extrahieren.

Hier ein Überblick über die App Version 2:

Postingübersicht Posting Favoriten Statistik Einstellungen

Wie man in den Screenshots sehen kann, kamen eine Menge nützlicher Features hinzu. Unter anderem gab es jetzt einen Favoriten-Speicher. Jeder favorisierte Post wurde auf dem iPhone in der App persistent gespeichert und war Volltext-durchsuchbar und -exportierbar. Das war durchaus nützlich, wenn man mal einen Post von Fefe auf die Schnelle gesucht hat.

Ein weiteres schönes Feature, was gar nicht so trivial zu implementieren war, war die Statistik. Die App hat auf Wunsch eine Statistik über Verweilzeiten und Abrufzahlen geführt und ausschließlich lokal gespeichert (da wurde auch nie irgendwas aus der App jemals „nach Hause telefoniert“). Diese Statistik wurde dann fein in einem Tortendiagramm animiert aufbereitet. Es kann zuweilen erschrecken wenn einem die Statistik belegt, wieviel Lebenszeit man der App gewidmet hat. Ich werde meine persönliche Nutzungsstatistik weiter unten in meinem Fazit veröffentlichen.

Das Ende der App (2019)

Das Jahresende 2019 sollte dann das finale Ende der App einläuten (zumindest für alle anderen außer mir). Mitbekommen sollte ich das nur indirekt… über einen Post in Fefe’s Blog (den ich hier mal zitiere):

Einige Leser haben mich darauf hingewiesen, dass irgendeine ominöse App-Klitsche gegen Geld auf Android und Apple eine Fefe-App anbietet.

Nein, die App kommt nicht von mir. Nein, die haben vorher nicht gefragt. Nein, ich finde das nicht gut.

Sollte ich dagegen vorgehen? Gute Frage. Muss ich mal drüber nachdenken.

Der Beißreflex ist natürlich da. Auf der anderen Seite verkaufen die kein Abo, und natürlich hat die App nichts, was man nicht auch im Browser hat.

Ich sähe ehrlich gesagt akuteren Handlungsbedarf, wenn jemand eine App mit meinen Inhalten anbietet, die dann Werbung einblendet.

Auf der anderen Seite besteht natürlich die Gefahr, dass ich Nachahmer einlade, wenn ich da jetzt nicht verbrannte Erde hinterlasse.

Alles nicht so einfach. […]

Ein wenig Recherche ergab dann auch, warum es da plötzlich eine solche Interruption gab, denn auf Twitter wurde ich recht schnell fündig:

Ich möchte auf den Post den Fefe dazu schrieb gar nicht mehr groß eingehen (man soll Vergangenes ruhen lassen), aber es ist schlicht nicht wahr, dass Fefe nicht von der App wusste. Denn ich hatte ihm sogar am 2. Januar 2015 im Nachgang des Congress einen echten Brief (so richtig auf Papier) geschrieben an die Adresse die im Impressum steht:

Fefes Blog
c/o Raumfahrtagentur
Gerichtsstrasse 66
D-13347 Berlin

Hier ein Auszug aus dem Brief der an Fefe ging…

Wer sich fragt um welche Sticker es da in dem Brief geht… hier eine Übersicht:

Diese Sticker hatte ich für den Congress in 2014 erstellt und in den Stickerboxen des Congress auch unter die Teilnehmer gebracht. Ich fand das Logo so hübsch, dass ich da paar Sticker von haben wollte.

Persönliches Fazit

Es war von Beginn an ein Fehler mit einer App Fefe’s Blog noch bekannter zu machen und den Zugang dazu auf einem iOS Gerät komfortabel über eine App kostenlos zu ermöglichen. Denn die Inhalte sind meiner Ansicht nach polarisierend, vereinfachend und überwiegend negativer Natur. Sie propagieren eine negative Weltsicht und füttern die empörungssüchtigen Egos der Besucher mittels Zynismus und Schadenfreude. Das lenkt ab von den eigentlich konstruktiven Möglichkeiten sich in der Welt positiv einzubringen. Daher rate ich vom Lesen von Fefe denjenigen ab, die nicht ihre negative Weltsicht (die ihnen ihr Verstand in Form des eigenen Ego präsentiert) weiter verstärken möchten.

Die App war übrigens fast immer kostenlos, bis auf eine Ausnahme, bei der ich Spam-Kommentare durch einen Minimalpreis von 0,79€ eine Zeit lang ausschließen wollte. Aber auch das hab ich dann später gelassen. Auch ein In-App-Purchase gab es mal, aber das war mehr, um IAP auszuprobieren und wurde ebenfalls eingestellt. Leider listet der AppStore einmal angelegte IAP’s für immer und ewig. Mein Pech.

Wer denkt ich hätte damit Geld verdient… der mache sich bitte sein eigenes Bild aus den Umsatz/Gewinn-Zahlen die Apple hier für den Zeitraum 2015 bis heute anzeigt:

Muss enttäuschend sein, wenn man erkennen muss, dass lediglich ca. 1000 Downloads von der App existierten und damit genau 0$ Umsatz/Gewinn gemacht wurden, tja. Was mich eher ärgert, dass die Apps soviele Crashes hatte, LOL.

Ich finde es schade, auf welche Art und Weise die App aus dem Store letztlich verschwand und möchte hier nochmal klarstellen, dass ich die App selbst aus dem Store genommen habe, weil ich keinen Bock auf irgend einen Fefe-Mob hatte, der mir dann eventuell meine anderen (für mich wirklich wichtigen) Apps oder andere Infrastruktur kaputtmacht. Ich hoffe dass der Mensch auf Twitter (den ich im Screenshot da oben verlinkt habe) sich nach seiner Aktion besser gefühlt hat. Er hat sein Ego sicher prima mit neuem Futter versorgt. Schade, denn für alle anderen hat er ein weitgehend ehrenamtlich gepflegtes Stück Software ungeplant deorbit’ed, für 15 minutes of fame!

Ich bin ihm jedoch im nachhinein dankbar für diesen Vorgang und vergebe seinem Ego. Denn für mich persönlich hat der Vorgang einen neuen Weg aufgezeigt, der mir persönlich eine deutlich konstruktivere und positivere Weiterentwicklung ermöglicht, die mir wichtiger ist als eine App die ich als Just-for-Fun-Projekt hatte.

Noch wichtiger ist jedoch, dass ich auch Zeit gewinne. Die App hat mich nicht nur bei der Entwicklung wertvolle Lebenszeit gekostet, sondern insgesamt über 329 Stunden wertvolle Zeit, das sind fast 2 volle Wochen meiner Lebenszeit nur durch das Lesen der Inhalte. Hier ein letzter Blick auf die App, bevor ich sie auch von meinem iDevice für immer heute gelöscht habe:

Letzte Übersicht Prozentuale Nutzung Absolute Zeit der Nutzung Anzahl Favoriten Löschung der App

Ich seh‘ es positiv: Ich hatte fast 10 Jahre meinen Spaß.

Dennoch, ich sage explizit an dieser Stelle „Danke für Nichts!“, denn letztlich hat mich das Blog und seine Postings fehlgeleitet und mich wertvolle Lebenszeit gekostet. Zumindest bin ich u.a. durch diese App ein deutlich besserer App Developer geworden. Und diese App war unter anderem auch die Source Code Grundlage für mehrere Congress Fahrplan Apps die es sonst so vermutlich nie gegeben hätte:

Why do I blog this? Ich schließe jetzt Anfang 2022 u.a. mit einigen Kapiteln meines bisherigen Lebens ab. Nämlich u.a. mit Negativität in jeder Form die meine Aufmerksamkeit in der Vergangenheit bekam. Fefe’s Blog ist für mich persönlich eine Quelle an Negativität. Mein Blick war lange Zeit verstellt das zu erkennen, aber es ist nicht gesund, sich Zynismus und Schadenfreude hinzugeben, oder auch nur seine negativen Erwartungen an die Zukunft verstärken zu lassen die so niemals eintreten müssen. Die Posts in Fefe’s Blog sollen aber Empörungscharakter haben und die negative Weltsicht von Fefe selbst bestärken, um letztlich sein Ego mit einem „Told you so“ zu boosten. Das Blog ist aus meiner Sicht ein Ego-Boosting-Projekt das jeden Besucher erfolgreich trollt. Eine positive Zukunft ist denkbar und möglich und es macht mehr Sinn sein eignes Ego nicht mit Negativität zu füttern und das fremde Ego von Fefe ebenso nicht mit Klickzahlen zu füttern. Man sollte es lassen die ganzen negativen Nachrichten in sich aufzusaugen. Das führt langfristig zu keiner einzigen Verbesserung. TL;DR: „Keep calm… …and don’t read Fefe.“ Andere bewerten das noch deutlich klarer und schrieben das auch nieder.

COVID-19: Die große Pandemie und die Werte unserer Zivilisation

Auf vielen Webseiten gibt es derzeit Informationen über die Entwicklung der Covid-19-Pandemie. Viele dieser Webseiten verbreiten einfach nur Dinge die irgendeine Originalquelle mal veröffentlicht hat und die alle anderen voneinander abschreiben. Oft wird die ursprüngliche Quelle gar nicht mehr genannt.

Zahlen, Charts und Statistiken. Wem genau hilft das?

Vor allem werden natürlich Zahlen genannt. Zahlen von Infizierten, Zahlen von Toten, Zahlen von Ansteckungsraten, Zahlen zu Abstandhaltung, Zahlen von Arbeitslosen, Zahlen für Kreditlinien, Zahlen der Börse, Zahlen von Intensivbetten, Zahlen für nahezu alles werden feilgeboten. Bestes Beispiel diese ZEIT Online Seite:

https://www.zeit.de/wissen/gesundheit/coronavirus-echtzeit-karte-deutschland-landkreise-infektionen-ausbreitung

Zahlen zu Deutschland

Es liegt durchaus nahe, warum ausgerechnet die Zahlen soviel Verbreitung erfahren, sie sind aus verschiedenen Quellen plötzlich günstig verfügbar und lassen sich herrlich visualisieren. Zahlen sind eine Art der Kommunikation, die die Interpretation dem Leser überlassen könnte. Zahlen sind derzeit günstig beschaffbar und spektakulär in der derzeit beobachteten Entwicklung. Wir schauen wie magisch gebannt auf Zahlen die doch nur ein abstraktes Abbild dessen sind was sich da in Superzeitlupe vor unseren Augen entfaltet.

Doch was taugen diese Zahlen als Beitrag zu einer echten Lösung der Probleme vor die wir tatsächlich gestellt sind? Wir sehen in der Karte eigentlich nur eines, Großstädte haben mehr Probleme mit dem Virus als Dörfer. Es scheint zentral zu sein, dass ein hochfrequentierter Flughafen in der Nähe ist, damit die Voraussetzungen gegeben sind hohe Corona Infiziertenzahlen zu erreichen. Zugleich scheint die Anzahl der Infizierten auch damit zusammenhängen wieviel wirtschaftliche Aktivität in der jeweiligen Region vorhanden ist.

Aber was sind die Probleme vor die wir nun eigentlich alle gestellt sind, vom Menschenleben retten bei dem ein Nichtmediziner nicht so wahnsinnig viel tun kann einmal abgesehen?

Zahlen zu Bremen

Die echten Probleme bekommen keinen Bericht und auch keine Zahlen

Zu den meiner Ansicht nach wahrhaften Problemen gibt es keine Zahlen. Denn diese Zahlen erhebt derzeit kaum jemand. Sie sind nicht einfach da, sie sind weder kostengünstig erhältlich noch kann man sie so schön visualisieren wie die tollen exponenziellen Wachstumskurven die kaum jemand begreift.

Es fehlen Zahlen zu der tatsächlichen Anzahl von Menschen die gerade kein Einkommen mehr haben, weil sie entweder ihren Job losgeworden sind (z.B. als IT Freelancer) oder die ihr pysisches Geschäft schliessen mussten aufgrund behördlicher Anordnungen.

Es fehlen Zahlen dazu, wieviele Menschen aktuell in einer Art Hausarrest-Modus leben und vor der Herkulesaufgabe stehen Kinder in der Wohnung halten zu müssen. Sind es kleine Kinder, die keine anderen Kinder sehen dürfen derzeit, dann wird es früher oder später problematisch. Sind es schulpflichtige Kinder, dann entsteht der Spagat als Eltern plötzlich eine Art Ersatzlehrer sein zu müssen UND noch seinem Home Office Job nachzukommen.

Es fehlen Zahlen dazu, wieviele Menschen trotz der „Social Distance“ Anordnung dennoch jeden Tag zur Arbeit gehen, weil man leichtsinniger Weise diese Entscheidung den Unternehmen selbst überlassen hat, Mitarbeiter im Home Office zu belassen. Das bedeutet jeden Tag treffen sich derzeit Menschen an ihren Arbeitsplätzen, geben sich das Virus eventuell über die gemeinsam genutzte Kaffeeküche und Sanitäranlagen weiter und tragen so nicht zum Containment sondern zum Gegenteil bei.

Es fehlen Zahlen dazu, wieviele der Leute die erkranken zuvor weiter ihre Arbeitsplätze aufgesucht haben, und wieviele zuvor Home Office gewahrt haben.

Es fehlen Zahlen dazu, wieviele ältere Menschen derzeit insgesamt z.B. allein leben oder in einem Pflegeheim, und damit durch soziale Isolationsmaßnahmen in eine gefährliche Isolationslage rutschen.

Es fehlen Zahlen zu dem Gemütszustand der Bevölkerung nach bereits über 2 Wochen Lockdown. Welcher Prozentanteil kommt gut damit zurecht, wer kommt gar nicht damit klar, wie verhält es sich mit Singles vs. Paaren?

Es fehlen Zahlen dazu wie gut unsere Gesellschaft alle Mitglieder angemessen mit Informationen versorgt bekommt. Wir wissen alle, dass die Medienlandschaft in den letzten 20 Jahren zerfasert ist und jeder seine Nachrichten aus zig Kanälen beziehen kann. Wie gut erreichen die von der Regierung bespielten Kanäle die Allgemeinheit?

Es fehlen Zahlen dazu wieviel Wissen die Gesellschaft hat, ein gerüttelt maß an Hygiene tatsächlich zu praktizieren. Ist jedem klar, wie man sich richtig Hände wäscht? Wieviele wissen das nicht und brauchen daher eine Aufklärung zu dem Thema?

Es fehlen Zahlen dazu, wie gut der Handel mit seinem Warenfluss mit der Situation zurecht kommt. Gibt es eine Versorgung die stabil bleiben wird oder ist diese durch irgendwas gefährdet? Gibt es eine Ansage zur preisstabilität für Nahrungsmittel? Das ist gerade vor dem Hintergrund des Einkommensverlustes bei vielen eine Schlüsselfrage.

Es fehlen Zahlen dazu, wie es den genesenen Patienten geht. Wieviele haben dauerhafte Schäden davongetragen? Wieviele Erkrankte werden aktuell in den Kliniken behandelt und sind auf Life-Support angewiesen? In welchen Regionen bestehen freie Kapazitäten, um eventuell Nachbarländern helfen zu können?

Hier nun mein der Versuch einige echte Probleme zu erfassen. Ich möchte auf Dinge eingehen, die wir nicht mehr „sehen“, weil wir alle wie gebannt auf diese magisch-düstere Zahlenwelt blicken und nicht wissen was wir damit anfangen sollen.

Leben, Lieben, Arbeiten, Einkaufen, aber mit Firewall-Hygienelevel

Die eigentliche Herausforderung, das eigentliche Problem vor dem wir stehen lässt sich meiner Ansicht nach wie folgt beschreiben: Wie können wir unser Leben, unsere Arbeit, unsere Liebe und Soziales, all unseren Warenumschlag so gestalten, dass wir die Gefahren der Weitergabe des Virus minimieren?

Wie gestalten und etablieren wir die nötigen Firewall-Hygienelevel in jedem unserer Lebensbereiche? Mit welchen Mitteln? Was gibt es da z.B. für Alternativen den Verkauf von Lebensmitteln und Gütern des täglichen Gebrauchs, wie z.B. Kleidung und Nahrung so sicher zu organisieren, dass wir nicht die aktuellen Einkommensverteilungsmechanismen unserer Gesellschaft komplett abschalten und zerstören ohne eine Alternative dafür zu haben?

Es muss doch z.B. möglich sein, dass wir das Risiko einer Infektion im Supermarkt dadurch verringern, dass wir z.B. eine Einkaufsliste abgeben, und dann später kommen und das abholen und nicht infizierte Mitarbeiter fassen als einzige die Waren und Taschen und Lebensmittel an.

Es gibt ganz sicher einen Weg, wie mein Buchladen um die Ecke seine Bücher hygienisch auf neuem Level verkaufen kann. Für den Anfang könnte man es erstmal darauf beschränken, dass kein Kunde mehr die Bücher selbst anfasst. Klappentexte könnten durch die Verkäuferin geöffnet und vorgelesen werden. Ja, das ist beschwerlicher, aber sicher. Bevor der Laden zu machen muss sicher eine Einschränkung mit der man leben könnte.

Ohne Arbeit kein Einkommen im Kapitalismus

Unsere Gesellschaftsform ist (ob wir das nun wahrhaben wollen oder nicht) abhängig vom Kapitalismus geworden. Wir können das nicht mal eben so ändern ohne krasse Verwerfungen zu erleben. Der Zeitpunkt wird kommen, aber vermutlich wird es noch dauern bis das System auch irgendwann vollends kippt. Ich persönlich warte da schon seit über 15 Jahren drauf, aber die Welt hat einfach immer größere Schulden gemacht. Jetzt kommen wir langsam in Bereiche, wo die Schuldenbremsen (die ohnehin nur das Tempo des Schuldenmaches kontrollieren sollten) gelockert werden, und damit allen klar ist, dass das System am Ende ist.

Corona Bonds ist das Schlagwort der Stunde. Bedeutet, wir machen Schulden… der Staat leiht sich Geld bei seinen Bürgern (für feste Zinszahlungen im Gegenzug; es können auch sogenannte Zwangsanleihen ausgegeben werden), um den Bürgern/Firmen dann Kredite z.B. über die KfW anbieten zu können. Es entbehrt nicht eines gewissen Zynismus, dass man Feuer mit Feuer bekampft. Es ist mehr die Sucht eines Drogensüchtigen, der jetzt eine große Dosis Schulden benötigt, um von der ganzen Misere abzulenken bzw. die Finanzflüsse bloss nicht ins Stoppen geraten zu lassen.

Wir haben seit Jahrzehnten akzeptiert, dass Einkommen für Habenichtse ausschließlich über Arbeit verteilt werden. Wenn man dieser Arbeit nicht mehr nachgehen kann, hat man kein Einkommen mehr. Kapitalbesitzer haben mit genug Lobbyarbeit die Steuern auf Kapital quasi unbedeutend gemacht, es gibt nur noch die Einkommensteuer und Umsatzsteuer. Es wurden zwar auch für Habenichtse ein paar Bypässe gelegt zu diesem brutalen System, die dann so tolle Namen wie „Hartz 4“ tragen, aber der Fakt ohne Arbeit kein Geld bleibt. Wir haben zugleich akzeptiert, dass jeder über sein Einkommen selbständig verfügen und entscheiden sollte und damit die für ihn persönlich wichtigen Dinge selbst regeln und bezahlen soll, z.B. Wohnung, Krankenversicherung, Nahrungsmittel um mal die drei wichtigsten Posten zu nennen.

Wenn wir jetzt der Gesellschaft (die nicht über nennenswert Kapital verfügt) die Einkommen entziehen (weil sehr vielen die Arbeit entzogen wird, weil sie gefeuert werden), dann rührt das an den Grundlagen der Existenz jedes Einzelnen. Das Überleben ohne Einkommen ist im Kapitalismus nur begrenzt möglich. Wohnen, Krankenversicherung und Nahrung sind nur über Einkommen zugänglich. Wer also nicht direkt beim Staat angestellt ist und sein Einkommen garantiert bekommt, der steht in Kürze ganz doof da.

In der Krise sollten sich Werte bewähren

Wenn ich mir die Medienlandschaft und die Sprache in letzter Zeit anschaue, dann schaudert es mich. Es tauchen vermehrt Ansichten auf, die bereitwillig noch mehr Freiheitsrechte und Grundrechte opfern würden, um die Krise loszuwerden. Gleichsam wie in den religiös-kultischen Ritualen vergangener Zivilisationen ofern wir Grundrecht über Grundrecht und Freiheit über Freiheit auf dem Altar der Krisenbewältigung in der Hoffnung es möge etwas bewirken.

Ich sehe völlig ein, dass wir derzeit als Notmaßnahme eine Kontaktvermeidung soweit nur irgendmöglich praktizieren sollten, um die Anzahl der zu versorgenden Patienten unter dem Limit an Notfallversorgungsbetten zu halten. Das ist quasi der letzte Ausweg den wir gerade haben, um die Ansteckungen zu verringern. Diese Maßnahmen sind derzeit wohl unausweichlich, wenn wir nicht mutwillig Menschenleben gefährden wollen. Damit bin ich einverstanden!

Ich denke jedoch dass wir zugleich nicht nur in Richtung einschränkende Maßnahmen nachdenken sollten, sondern auch in Richtung der ermöglichenden Maßnahmen. Kontakte die wir als soziale Wesen unausweichlich in der Gesellschaft etabliert haben und für so profane Dinge wie Einkaufen von Waren zur Lebensmittelversorgung benötigen, müssen auf ein neues, sicheres Hygieneniveau angehoben werden.

Aktuell geht es darum den Aufenthaltsort und Kontakte der Menschen zu tracken oder zu trace’n.

Es soll bald eine App geben die das tut. Meine Ansicht dazu (vor allem als App Entwickler) ist recht eindeutig:

  • Ich halte die App Bemühungen für eine Übersprungshandlung der Techies. Wenn man verzweifelt ist, dann versucht man halt mit den Tools die man hat irgendwas zu tun, was sinnvoll erscheint. Oder auch „If the only tool you have is a hammer, everything starts to look like a nail.“
  • Die App zielt darauf ab Buchzuführen über unsere Kontakte. Dabei wird übersehen, dass wenn wir in erster Linie die Kontakte minimieren, das Problem gar nicht entsteht, was die App lösen will. Sinniger ist es den Leuten einzutrichtern für überschaubare Zeit Kontakte generell zu meiden.
  • Die App möchte hier also sowas wie ein Reparaturmechanismus für falsches Verhalten sein. Wer sich nicht an das Vermeiden von Kontakten hält, der soll dann zumindest eine Warnung bekommen. So schaut doch keine Lösung aus, oder?
  • Eine solche App kann wegen mir sonstwas behaupten wie sorgsam sie mit meinen Daten umgeht, ohne offenen Quellcode und Nachprüfbarkeit lasse ich mich nicht tracken. Punkt. Auch wenn die Daten der App selbst vielleicht mein Verhalten pseudonymisiert verarbeitet, lässt sich eine Verbindung zu meiner Person über weitere Apps mit etwas Aufwand herstellen. Dafür reicht es z.B. schon aus, dass ich über eine bestimmte IP-Adresse z.B. das Wifi-Netz einer Freundin mein Gerät nutze, um zum Zeitpunkt der App Nutzung auch meinen Standort zu ermitteln. Zudem ist der Erfolg der App dann plötzlich doch wieder von zig menschlichen Faktoren abhängig, deren Defizite sie eigentlich kompensieren möchte. Jemand, der erkennt, dass der erkrankt ist, muss in der App aktiv seine Trackingdaten rausrücken, und zwar entweder an ALLE Nutzer der App direkt oder an eine zentrale Stelle. Dann soll angeblich auch noch sichergestellt sein, dass niemand mal so eben vorgibt infiziert zu sein, also soll es ein Arzt absegnen. Der nächste Bottleneck und menschliche Faktor.
  • Doch all diese Fails könnte man ja vielleicht noch lösen, durch Goodwill der Nutzer, durch schnell handelnde Ärzte, etc. aber dann kommt der größe Schwachpunkt dieser Lösung. Sie funktioniert nach dem Gesetz von Metcalfe (Metcalfe’s Law), ihr Nutzen entsteht erst, wenn nahezu ALLE Menschen mitmachen. Es ist wie bei den Faxgeräten damals, einem selbst nutzt es gar nichts, wenn nicht auch alle anderen eines haben. Doch diese Verbreitung zu erzielen braucht Zeit und eine Menge Überzeugungsarbeit.
  • Doch damit ist das Problem nicht zu Ende, denn längst nicht alle haben ein Smartphone. Es ist mal wieder nur aus der elitären Techie-Perspektive des privilegierten Western Civilization Nerd gedacht. Und wenn wir alle Smartphones hätten, dann müssten immer noch alle dran denken das gerät auch überall mit hinzunehmen. Allein das schlägt schon fehl, kann ich aus eigener Erfahrung sagen.
  • Die Frage die wie der Elefant im Raum steht lautet: Warum nicht stattdessen in Aufklärung investieren wie bei HIV damals? Aufklärung über den Zusammenhang wie man sich anstecken kann, wie man es vermeidet, und welche Hilfsmittel angeraten sind, wir mehr erreichen als diese App. Denn die App kann ja maximal den Fail etwas versuchen einzufangen, dass jemand sich nicht an die Kontaktvermeidung gehalten hat wie er sollte.
  • Die Schöpfer und Supporter der App ziehen sich auf den Standpunkt zurück, dass es eine „Nächstenliebe“-App ist, weil die Personen die die Apps nutzen ohnehin nicht selbstgeschützt werden sondern nur Dritte schützen könnten. Das macht es aus meiner Sicht nochmal unwahrscheinlicher, dass Leute die App nutzen, denn aus „Nächstenliebe“ allein werden sich viele die App erst gar nicht installieren. Irgendein Nutzen sollte da schon für den Nutzer selbst unmittelbar bei rausfallen. Das sage ich aus Erfahrung mit Apps im AppStore als App Developer.
  • Fazit: Eine App kann das Problem nicht lösen vor dem wir stehen. Möglichst rasche Aufklärung könnte etwas bewirken. Diese App ist die luzide Idee, mit Technologie ein soziales Problem lösen zu können. Das funktioniert sehr oft nicht, denn soziale Probleme löst man besser durch Aufklärung und Prävention statt durch nachträgliche Reparaturversuche unangemessenen Verhaltens.
  • Als App Entwickler bin ich skeptisch, ob es zum einen technisch machbar ist – da es krasse Restriktionen für Hintergrundaktivitäten gibt – und ich glaube nicht, dass Apple eine solche App (die eben durchaus Privacy invasive ist) überhaupt in den AppStore lässt. Die App wird es also vermutlich gar nicht durchs Review schaffen oder die technischen Limitierungen aushebeln können.
  • Die schlimmste Folge einer uneingeschränkten Unterstützung dieser App Idee ist meiner Ansicht nach der durch den CCC abgesegnete Dammbruch, dass wir Menschen an eine Tracking App gewöhnen. Mag vielleicht bei einem ersten Release der App noch alles in Ordnung sein mit dem Code, aber wer sichert das bei dem nächsten Update ab? Aber noch viel schlimmer ist, es wird andere Apps (über die niemand die Kontrolle hat) geben die u.U. nicht diese Mühe in Privacy stecken, und Kunden werden leicht die falsche App herunterladen die dann unsicheres Tracking macht. Für mich bleibt es dabei, gar nicht erst Daten sammeln, die nicht gebraucht werden. Eine kleine Änderung an der App kann dazu führen, dass die Daten plötzlich doch alle zusammengeführt werden. Vielleicht weil ein Virologe eine tolle Idee hat wie man mit den Daten besseren Einblick in das Virus bekommen kann. Würde dann noch jemand im nachhinein die Verwendung der Daten effektiv untersagen können? Es gibt eine explizite Warnung von Edward Snowden vor diesem Schritt. (Video dazu)
  • Die Verfechter der App stellen sich zudem auf den Standpunkt „Wenn wir es nicht machen, macht es ein anderer.“ das ist ein Argument, dass mir nur zu bekannt vorkommt. Schon Joseph Weizenbaum hat sich gegen eine solche Argumentationslinie streng verwehrt.
  • Die Verfügbarkeit der App könnte auch zu dem gleichen Effekt führen wie wir ihn schon bei Airbags und Fahrradhelmen gesehen haben, nämlich ein noch leichtsinnigeres Verhalten als bislang bereits. Gerade weil diese App ja zentral die „Reparatur“ von eigentlich problematischem Verhalten zum Gegenstand hat.
  • Noch ein Punkt der an dem Konzept überhaupt nicht durchdacht zu sein scheint, WAS tut derjenige der eine Benachrichtigung bekommt, er hätte „Kontakt“ gehabt? Auf welcher Basis soll der Nutzer dann mit dieser Information etwas anfangen? Glaubt wirklich jemand, dass diese Person dann nur aufgrund einer Benachrichtigung von selbst in Quarantäne geht oder das Gesundheitsamt anruft? Ich würde mir dreimal überlegen, ob ich einer bloßen Nachricht einer App über den Weg trauen würde und allein auf der Basis einer Push-Notification meine weiteren Lebensentscheidungen treffen würde. Wer verhindert, dass nicht jemand einfach mal 50 Prozent der App Nutzer eine solche Nachricht sendet, um diese zur „selbstgewählten“ Quarantäne oder zu einem Test zu bewegen? Nope, ich würde mein Wohl und Wehe nicht in die Hand einer undurchschaubaren IT Infrastruktur legen wollen. Es ist das perfekte Massenbeeinflussungsdevice. An derartigen IT Produkten möchte ich keinesfalls mitarbeiten auch wenn die Gesellschaft für Informatik da zu keinem wirklichen Vorgehen rät.
  • Und lasst euch bitte nicht hinters Licht führen, es werden weit mehr Daten als nur die von euch per BT gesendeten ID’s auf einem zentralen Server erfasst werden müssen. Mindestens das Push-Token von eurem Gerät ist notwendig wenn man eine Nachricht bekommen soll. Oder aber die App muss im Hintergrund mindestens zweimal am Tag auf einem Server nachsehen, ob dort Daten als infiziert markiert wurden, die die App selber als Kontakte im Logbuch stehen hat und dann eine Local Notification raushauen können. Jeder dieser Calls zum Server, um zu gucken, ob infizierte Kontakte vorliegen, erlaubt Rückschlüsse von WO dieser Call kommt, denn da gilt wie mit anderen TCP/IP Paketen auch, die gehen durch das normale Netz. Zugleich wird die Serverinfrastruktur auch ein wenig skalieren müssen, wenn man plant 50-70 Millionen Leute zu erreichen, die dann zweimal pro Tag einen wachsenden Berg an Daten herunterladen müssen. Das sind dann schon bis zu 140 Millionen Server-Calls sagen wir mal jeder davon zieht 1024 Byte Daten, dann sind das 70 Mio KB bzw. 68 Tausend MB bzw. 67 GB pro Tag. Die Menge an Daten die geladen werden muss wird aber wohl eher bei dem 100-fachen liegen. Auf jeden Fall wird jede dieser Apps halt auch permanent „nach Hause telefonieren“ müssen, da endet dann auch die Diskussion über Privacy. Über GeoIP-Verfahren lässt sich mit so einer App prima die App-Durchdringung in den geographischen Regionen beurteilen. Ruft eine App die Daten fast nur im heimischen Wifi ab aber plötzlich dann aus dem Wifi der Freundin, dann ist daraus auch ablesbar, dass ihr einen Kontakt habet gerade.
  • Gegenvorschlag: Warum macht ihr nicht eine App, die einen akustischen oder rein haptischen (z.B. Vibration) Alarm auslöst, wenn man länger als 15 Minuten in der Nähe von jemandem verbringt, der die App installiert hat, denn Prävention ist doch viel besser als hinterher Containment zu versuchen. Da muss niemand informiert werden und eventuell verhindert man noch vor Ort den vermeidbaren Kontakt. Man könnte das auch noch kombinieren mit einem Alarm, der zum Tragen einer Maske auffordert, sobald ich anfange neue BT Signale in der Umgebung zu entdecken (was auf Bewegung unter Menschen schliessen lässt.)

Gleichzeitig reichen derzeit Gesundheitsämter vertrauliche Daten über Infizierte an die Polizei weiter und brechen damit grundlegende Zusicherungen an Datenschutz (so passiert in Bremen und Baden-Württemberg). Offenbar meinte jemand das sei schon okay, dieses Grundrecht mal zu opfern, in der Hoffnung damit Ansteckungen zu verhindern. Das Verhalten bleibt offenbar folgenlos für die betroffenen Behördentäter.

Gerade jetzt in der Krise sollten wir uns doch unsere Werte als Orientierung hernehmen und über Lösungen nachdenken, die unsere Werte schützen und erhalten. Stattdessen beobachte ich eine große Bereitschaft, ohne Nachzudenken Werte einfach mal wie in einem religiös-kultischen Ritual symbolisch zu opfern. Der einzige Gegenwert des Opfers: Hoffnung.

Warum schaffen wir nicht unsere eigene Welt der Hoffnung in Übereinstimmung mit unseren Werten, die uns als Menschen ausmachen und vom Raubtier unterscheiden? Warum stecken wir nicht mehr Energie in Überlegungen wie ich sie oben versucht habe anzustellen? Lasst uns doch mal drüber nachdenken, wie wir diese Krise als Chance nutzen können.

DIY-Hoffnung und Chancen der Situation

Ganz offensichtlich sind in dieser pandemischen Situation einige Menschen die bis dato als Blockierer in Erscheinung traten, plötzlich bereit sich mit Alternativen zu beschäftigen. Zum Beispiel Universitäten, die bislang Prüfungen per Videokonferenz nicht mal in Erwägung gezogen haben, weil einfach alles auf bestehende Präsenzstrukturen ausgerichtet ist. Schulen bemerken, dass ihnen die gesamte Erfahrung und die Tools fehlen, um auch ohne den Klassenraum in Kontakt zu bleiben. Hilflose Notlösungen aus WhatsApp-Gruppen treten an die Stelle jahrelang blockierter Lösungen. Der Digitalpakt Schule ist ein bürokratisches Monster geworden. Statt jeder Schule eine sinnvolle und erprobte Lösung hinzustellen, soll jede Schule ein eigenes Konzept einreichen. Welcher Schulleiter und welcher Lehrer hat dafür die Zeit und das Fachwissen? Was für ein Fail!

Vielleicht ergreifen nun Personen, die bislang eher durch eine unerschütterliche Blockadehaltung auffielen, die Chance zum Wandel und verpassen ihrem Wirkungsumfeld eine passende Dosis Kommunikationsmittel, die auch eine ortsungebundene Durchführung von Tätigkeiten erlauben, und somit einen Vorteil der Digitaliserung nutzen. E-Learning scheint vor einer Renaissance zu stehen wenn diese Krise dazu genutzt wird.

Zugleich könnten wir auch einmal den Blick auf unseren Wandel im Warenverkauf richten. Wollen wir weiter hinnehmen, dass Amazon zum Rückgrat unserer Versorgung wird. Wollen wir Amazon einfach alles kampflos überlassen? Gibt es keine europäische Antwort auf den Vertriebsriesen? Könnte IT den lokalen Raum nicht auch stärken und zugleich ein einträgliches Geschäft sein?

Und was ist mit den ganzen verdrängten Krisen?

Pflegekrise, Bildungskrise, Klimakrise, Schulden- aka Finanzkrise, Korruption in Macht & Politik (z.B. die nie gewählte EU Kommissionspräsidentin v.d.Leyen, der Steuergeldveruntreuende Andreas Scheuer), Demokratiekrise, Europakrise, Flüchtlingskrise, …

Wir brauchen einen DIY-Hoffnungsausblick der deutlich über die Corona Pandemie hinausreicht, denn die eigentliche Krise ist die Kapitalismuskrise bzw. dessen herannahendes Ende.

Wir brauchen Gegenentwürfe zu Krankenhäusern als Profitcenter, und wir brauchen Gegenentwürfe zu Hausärzten als Fallpauschalendurchschleuser und Medikamente sind kein Spekulationsobjekt sondern eine Erfindung die der Menschheit insgesamt zu Gute kommen muss.

Wir brauchen Alternativen zu einem ÖPNV, bei dem der Weg zur Arbeit und zurück soviel Geld kostet wie zwei Brote oder eine Packung Zigaretten, der Parkraum für das SUV in der Wohnstrasse jedoch gratis ist und es dicke Förderprämien für die Anschaffung von Automobilen gibt (Abwrackprämie, E-Auto-Prämie, etc.) sowie kostenlosen Strom für die PKW.

Wir brauchen stattdessen einen Umbau unserer Städte in Fußgängerfreundliche und Fahrradfreundliche Lebensräume, eine Förderung der Anschaffung von Fahrrädern und der Abschaffung von Parkraum. Allein schon um die Feinstaub und Stickstoffbelastungen der Stadtluft zu verringern.

Wir brauchen Alternative Entwürfe zu einem Bildungssystem das nur noch akademische Lehrpläne reproduziert und stattdessen benötigen wir Orte der Zusammenkunft in denen gelernt wird warum Lernen Spass macht, in denen man sich mit der echten Welt beschäftigt mit unstrukturierten Problemen voller Ausnahmen. Die Bildung muss raus aus ihrer akademisch geprägten Blase in der es nur um wohldefinierte Probleme geht, die aber an der Realität vollkommen vorbei gehen.

Wir brauchen eine Aufklärung über die dunklen Mechanismen des Kapitalismus. Wir müssen darüber aufklären welche Rolle das Geld spielt in diesem Sytem. Wir müssen erklären, welches Geschäftsmodell Versicherungen zugrunde liegt und wie das unser aller Leben beeinflusst.

Wir brauchen eine Finnanztransaktionssteuer auf Hochfrequenz-Handelsvolumen. Auf alle Finanzderivate und alle Börsenhandlesformen die nicht unmittelbar verbriefte Anteile an Unternehmen handeln.

Wir brauchen eine massive Nachhaltigkeitswende, in der wir uns von Plastikprodukten & -abfällen endgültig verabschieden und stattdessen Langlebigkeit von Gütern und ein Recht auf Reparatur gesetzlich verankern mit passenden Garantieregelungen.

Wir brauchen endlich eine massive Aufklärung und Diskussion darüber, dass wir derzeit unsere aller Glück von der Verteilung der Einkommen über Arbeit abhängig machen. Konzepte wie ein bedingungsloses Grundeinkommen könnten eine Renaissance des 21. Jahrhunderts auslösen, wenn wir uns endlich vom Wachstumszwang und quantitativem Wachstum lösen und stattdessen in qualitatives Wachstum und die Köpfe unserer Gesellschaft investieren.

Krise ist eine Ausnahmesituation: Don’t try to be perfect in a crisis.

Nicht zuletzt ist diese Krise eine ganz persönliche Challenge für jeden Einzelnen von uns. Eine Prüfung, ein Stresstest für unsere Zuversicht in die Zukunft. Entsprechend sorgsam sollte man mit sich selbst in dieser Krise umgehen.

Update 30.4.2020

Mittlerweile hat sich einiges bewegt. In Italien beginnen die Restaurantbesitzer neue Wege zu finden wie man unter hohen Hygienestandards das soziale Erlebnis des gemeinsamen Essens im Restaurant realisieren kann, mit dem Einsatz von Plexiglaswänden auf dem Tisch und zwischen Tischen. Das geht genau in die Richtung die man weiter ausbauen sollte. Hygienelevel auf Firewallniveau heraufsetzen und dann wieder „Normalität“ umsetzen.

Was die CoronaApp angeht bin ich wenig überrascht. Es gab ein großes Durcheinander und am Ende landet das Ganze Ding als Auftrag bei Telekom und SAP (dem neuen Corona Collect Betreiberkonsortium). Es hätte schlimmer kommen können, z.B. mit cellebrite und Palantir. Daher bin ich jetzt beruhigt, dass zumindest keine neue Überwachungsinfrastruktur dabei rausfällt.

Die Kosten werden in keinem auch nur annähernd vertretbaren Verhältnis zum Nutzen stehen, aber bei welchem der Großprojekte der Regierung war das schon der Fall in letzter Zeit? Der Berliner Großflughafen BER ist da nur ein Beispiel. Gerade bei IT Projekten wird großflächig Steuergeld in den Sand gesetzt.

Ich rechne nicht damit, dass dieses Steuergeld sich als Investition je bezahlt machen wird. Man sollte es als Subvention für Telekom und SAP ansehen, oder als Ausgaben für PR, die den Anschein des Handelns zum Gegenstand hat.

Dieses Bild hier fand ich in den Weiten des Netzes:

Verbessertes Meme für Germany:

Es bringt gut zum Ausdruck, was passiert. Die Sehnsucht nach der EINEN einfachen Lösung aller Probleme ist so groß, dass man ihr einfach nicht widerstehen kann. Die CoronaApp ist so gesehen der Sirenengesang, dem nur widerstehen kann, wer sich gut auf dem Boden der IT Technik geerdet hat durch Erfahrung und Knowhow sowohl in Kryptografie als auch in realistischen Abschätzungen von Komplexität und Machbarkeit. Die weitere „Erdung“ sollte man durch Vernunft erhalten, wenn man darüber nachdenkt, ob dieses Werkzeug der richtige Weg ist für ein biologisches Virus.

Ansonsten ist halt eingetreten, was ich als einzig sinnigen Weg gesehen habe: Apple/Google müssten es wenn machen. Dort existiert jetzt eine Zusammenarbeit: „Apple and Google partner on COVID-19 contact tracing technology“.

Mir tun dennoch die armen Developerseelen leid, die die Erwartungen an diese „magische Lösung“ unter den Rahmenbedingungen von Apple/Google umsetzen werden. Denn die allgemeine Erwartung wird unerfüllbar bleiben, gleichsam einer unerfüllbaren Sehnsucht, wird man die Erwartungen managen müssen und die Aufmerksamkeit auf andere Felder lenken müssen, um die Situation zu entschärfen.

Nein, ich beneide Telekom und SAP nicht. Aber hey, wie wäre es denn, wenn die Telekom in der krise ihre Stärken auspackt und einfach mal anfängt Glasfaser zu legen? DAS würde nämlich einen echten Beitrag zur Krisenbewältigung bedeuten. Siehe auch „Europe Broadband status — Market forecast by 2020 and 2025“ und „New Fibre Market Panorama 2020“

Update 16.6.2020: Corona App Veröffentlicht

App ist herunterladbar hier. Kleiner Reddit Thread dazu. Pressekonferenz-Video.

Offizielle Webseite: https://www.coronawarn.app/

Die Kosten für die App (ca. 20 Mio EUR) verdeutlichen sehr schön was Softwareentwicklung eigentlich kostet. Vielleicht denken einige da auch mal drüber nach, wenn sie jetzt sehen, dass die App kostenlos bereitgestellt wird. Die 20 Mio EUR sind halt auch ein wunderschönes Subventionsprogramm für Google und Apple, denn diese kostenlose App fügt den Geräten ja eine Funktion hinzu, die viele Bürger offenbar als nützlich ansehen. Damit steigt der wahrgenommene Wert des Gerätes. Apple und Google reiben sich die Hände, soviel steht fest.

Ich bleibe bei meinem Urteil: Die App kann keinen wesentlichen Beitrag leisten in Bezug auf die Pandemie.

Dennoch sehe ich die App Entwicklung (i.e. auch durch SAP / Telekom) durchaus auch sehr positiv in Bezug auf die staatlichen Digitalisierungsprozesse in Deutschland. Aus meiner Sicht wurde das erste Mal der Weg beschritten „Public money, public code.“ (eine langjährige Forderung der NGO’s im Bereich Technologie), somit wurden völlig neue Prozesse insbesondere in Bezug auf die Transparenz erstmals beschritten. Zudem wurde die App als Anlass erfolgreich genutzt, Sensibilisierung für den Datenschutz weiter voranzutreiben (wenn auch nur durch eine Menge Druck durch NGO’s wie z.B. CCC und andere).

Leider ist der mögliche Kollateralschaden derzeit noch nicht absehbar, denn die Gewöhnung an eine „Schnüffel-App“ – nicht wegen der App selbst, sondern wegen der Technik die Apple/Google nachgerüstet haben – wird vermutlich noch Konsequenzen haben. Derzeit ist die Freiwilligkeit nicht per Gesetz festgehalten und auch die Zweitverwertung der Tracing-Features die Apple/Google eingebaut haben könnte noch eintreten.

Update 23.6.2020

Es scheint, dass man mit der Warn App nicht so wirklich repräsentative Präsenz in der Bevölkerung erlangen kann. Das ist erinnert mich so ein wenig an den Menschen, der im Dunkel seine verlorenen Hausschlüssel unter einer Straßenlaterne am suchen ist, als ihn jemand fragt, warum er denn nicht den Rest der Strasse absucht, sagt der, „aber da ist es ja dunkel“.

Damit hätte sich dann wohl ein weiteres Problem der App manifestiert, dass es eigentlich eher das Hellfeld ausleuchtet, statt das Dunkelfeld, sprich, die wohlhabendere Bevölkerung (mit vermeintlich geringerem Risiko für Virusverbreitung), die durch größere Wohnungen, genug Equipment für Homeschooling, Home Office White Collar Workers etc. geprägt ist, ist mit dem iPhone unterwegs. Die ärmere Bevölkerung (mit vermeintlich höherem Risiko für Virusverbreitung) erreicht der „Scheinwerfer“ Corona-Warn-App erst gar nicht, weil kein Geld für solche Technik vorhanden ist und auch das Wissen um die App nicht so verbreitet ist. Das führt dann im Endeffekt dazu, dass die App gerade dort, wo es deutlich schwieriger ist Containment und Hygieneregeln wie genug Abstand zu betreiben, möglicherweise nicht wirklich zum erwünschten Einsatz gelangt.

Angeblich gibt es auch noch keinen einzigen Fall eines gemeldeten positiven Testergebnisses bei mittlerweile ca. 12 Mio Downloads der App. Ich bin kein Statistiker (wenn doch würde ich da bei 12 Mio Nutzern schon mittlerweile eine erste Meldung erwarten; irgendein Berliner Hipster dürfte doch mittlerweile seinen Test hochgeladen haben, oder?), aber ich bin Entwickler und als Entwickler hätte ich zumindest EINEN Echttest einmal selbst ausgeführt und auf offiziellem Weg testweise veröffentlicht nachdem das Ganze in den Stores verfügbar ist, um zu gucken, ob auch wirklich die Keys der Infizierten korrekt ausgeliefert werden und man wirklich nichts vergessen/übersehen hat im Deploymentprozess. Aber vielleicht ist das ja bereits passiert und man hat das vor dem offiziellen Release schon ausreichend testen können irgendwie.

Why do I blog this? Ich bin es leid mit ansehen zu müssen wie gerade ein Zeitfenster aufgeht, das möglicherweise ungenutzt wieder verschwinden und sich schließen wird. Ein mögliches Zeitfenster für Veränderungen. Wenn wir Pech haben, dann holt ausgerechnet(!) ein Sozialdemokrat die Kriegsrethorik raus und entscheidet sich für die „ganz große Bazooka“ um das Problem mit Gewalt zu lösen statt mit Verstand. Es schmerzt mich zu sehen wie völlig offensichtlich inkompetente Entscheider in der Politik die Chance in diesem Zeitfenster nicht zu erblicken in der Lage sind. Hoffen wir dass noch irgendwer mit Grips in der Birne in der Regierung die Gunst der Stunde sieht und endlich anfängt über Corona/Covid-19 hinauszudenken.
Update 21.6.2020: Andere – z.B. Sibylle Berg in „Pandemie-Nachwehen: Den Irrsinn vor Augen“ – sehen das wohl ähnlich.