Praxistransfer von Forschung: Beispiel „TimeMachine“

jun_rekimotoVor kurzem wurde auf der World Wide Developer Conference (WWDC) der Firma Apple Inc. eine Vorschau auf das kommende UNIX-Betriebssystem Mac OS X Leopard gegeben. Unter anderem wurde eine neue Funktion in den Vordergrund gestellt, die TimeMachine genannt wird. Diese Funktion ist offenbar erdacht worden von einem Forscher namens Jun Rekimoto, seines Zeichens Direktor des Interaction Laboratory der Sony Computer Science Laboratories, Inc. in Tokyo.

overviewsRekimoto stellt auf seiner Webseite zu seiner Arbeit mit dem Titel „Time-Machine Computing“ Screenshots von einem Prototypen vor, den er „TimeScape“ nennt. Offenbar hat Apple nun genau diese Arbeit als Grundlage für das Produktfeature des kommenden Betriebssystems verwendet. Interessant ist auch was Rekimoto in dem Projekt „DataTiles“ (siehe Bild links) bereits 2001 vorgestellt hat. Ich würde sagen hier ist soeben mein neues Idol in Sachen HCI Design und Tangible Computing auf dem Radar erschienen. Hätte ich mal früher bei netzspannung.org vorbeigeschaut, denn da ist das DataTile-Projekt auch beschrieben.

Why do I blog this? Diesmal ist es ganz einfach: Ich interessiere mich natürlich in der heutigen Zeit auch dafür, wie Forschungsergebnisse in der praktischen Anwendung ankommen können. Herr Rekimoto hat das offenbar geschafft. Jetzt müsste ich Ihn bloß mal fragen wie. Die anderen Arbeiten von Rekimoto sind nicht weniger beeindruckend, vor allem DataTiles hat mich schwer beeindruckt. Die Modularität der „Tiles“ ist etwas, was aus meiner Sicht Tangible Computing at its best darstellt.

Die Benutzerillusion der Welt

In einem Beitrag von 1998 beschreibt Norbert Bolz (Fachgebiet Medienwissenschaften an der TU Berlin) super, was für ein Problem wir mit den derzeitigen Computern haben. Ein Wort wie „Benutzeroberfläche“ hätte einen ja schon stutzig machen müssen, hat es aber nicht. In seinem Artikel „Die Benutzerillusion der Welt – Zur Bedeutung des Designs für Wirtschaft und Gesellschaft im Zeitalter des Computers“ schreibt Bolz von tiefenlosen Oberflächen, die uns wieder lehren den Sinnen zu trauen. Er zitiert den folgenden Satz von Michel Spindler (ehemaliger Apple Chef): „Wir brauchen grafische Interfaces, die nicht nur benutzerfreundlich sind, sondern die süchtig machen, wie Drogen eben.“

Da ich gerade an einer ebensolchen Komponente einer Benutzeroberfläche für meine Dissertation arbeite, hab ich das mit Interesse gelesen. Bolz behauptet meiner Ansicht nach zurecht „Gnädig verbirgt uns die Benutzeroberfläche die logische Tiefe der Geräte.“ und genau das ist heute oft das Problem. Denn die Benutzer „verstehen“ Ihre Software nicht, bzw. die logische Tiefe der Software bleibt Ihnen verschlossen. Das führt zu Problemen bei der Bedienung z.B. bei MSWord. Wer nicht versteht, dass Word oder andere Textverarbeitungen verschiedene Textarten unterscheiden (Überschrift, Textkörper, usw.) der wird z.B. nie die automatischen Funktionen zur Inhaltsverzeichniserstellung nutzen können.

Zu Bolz’s Behauptung „Moderne Kulturen können nur funktionieren, wenn es die Menschen ’so genau‘ gar nicht wissen wollen und sich damit begnügen, die Schlußfolgerungen aus schon Gedachtem zu ziehen.“ würde ich jedoch gerne andere Meinungen hören. Ich glaub nicht, das es ohne ein gewisses Minimum an Verständnis für die Dinge die wir nutzen geht. Warum z.B. fühlen sich manche Menschen im Flugzeug unwohl wenn es wackelt? Oft, weil sie nicht wissen, dass die Tragflächen zum wackeln konstruiert wurden und sich sehr flexibel verhalten müssen, da Sie sonst abbrächen. Wenn aber jemand wegen Flugangst nicht fliegen kann sehe ich das nicht als ein „erfolgreiches Funktionieren der modernen Kultur“.

Der Artikel gibt eine solche Menge an Fragen her, da müßte man glatt einen Diskussionsabend von machen. (via MediaMatic)

Why do I blog this? Ich bin mit ähnlichen Problemen bei dem Design einer Komponente einer Benutzeroberfläche konfrontiert. Wieviel zeigt man dem Benutzer, was muss man verbergen. Soll ich Transparenz über die Mathematik dahinter herstellen? Oder verwirre ich damit normale Geister? Einfache Bedienung bzw. reibungsloses Funktionieren ist offenbar nur zum Preis der Intransparenz zu haben, oder?

Webseiten als Netzbäume visualisiert

In einem Folienset von Stephen Downes habe ich einen Hinweis auf die Webseite Websites as Graphs (Link http://www.aharef.info/static/htmlgraph/ DEAKTIVIERT, WEGEN MALWARE WARNING!) gelesen, die eine beliebige Webadresse mit Ihren Links visualisiert. Da konnte ich nicht widerstehen und musste das für das eigene Blog natürlich auch tun. Das Ergebnis ist die nachfolgende Grafik.


Weblog als Netzbaum

Interessant wird es, wenn man die Grafik als Blidschirmfoto abspeichert und mit weiteren Adressen und deren Graph vergleicht. Schade finde ich, dass man in der visualisierten Grafik nicht sieht welche Knoten welche Webseiten repräsentieren. Mich hätte sehr interessiert, was diese grossen „Knollen“ in der linken Hälfte meiner Grafik sind. Auf jeden Fall erkennt man sehr schnell, dass es eben einen Haufen Links gibt und wieviele Links hinter den Links wiederum warten. Das ist schon wesentlich verschieden von der textuellen Darstellung. Dass dir Darstellung der Bäume so schön dynamisch entsteht und man da zugucken kann liegt an der zugrundeliegenden Physik-Simulation für Parttikel, die der Entwickler von traer.physics erstellt hat.

Why do I blog this? Visualisierung von Relationen (wie z.B. hier Hyperlinks) ist momentan ein wichtiges Thema für meine Arbeit zu „Virtueller Proxemik“, denn ein Teil meiner derzeitigen Arbeit nutzt solche Netzbäume, bzw. arbeitet damit.