Das Geheimnis eines guten User Interface

Ein exzellentes Beispiel dafür, warum gewisse Dinge einfach keinen Sinn machen in einem Computer, habe ich bei Joystiq gesehen. In dem Artikel „Wii message board vs. Wii whiteboard“ wird der prozessbasierte Vergleich für die Tätigkeit eine Nachricht an ein Familienmitglied zu hinterlassen durchgeführt. (siehe Bild rechts)

Das einfache Prinzip eines Whiteboard.-Markers, mit dem auf das Gehäuse der Spielekonsole Wii geschrieben wird ist einfach bestechend. Der Produktionsaufwand ist geringer, die Sichtbarkeit besser und der Energieverbrauch ebenfalls (kein Einschalten der Konsole nötig). Ein schöner Vergleich wie ich finde. Spannend auch was die Entwickler dazu sagen, warum die Funktion doch Sinn macht im Computer. Noch deutlicher die Antwort der User, warum es eben keinen Sinn macht.

Deutschlands Innovationsbremse heißt „Bildung“ und…

…“rationale, autoritätskonforme Bürger“ (neben „Wettbewerb“ und „Finanzierung“), zumindest wenn man der neusten Studie des DIW Glauben schenkt.. Wie in einer Pressemitteilung des DIW Berlin (siehe auch heise.de) zu lesen ist, zeigt der in einer neuen Studie erstellte Innovationsindikator für Deutschland ein sehr differenziertes Bild. Das DIW fasst die Ergebnisse zusammen mit der Schlagzeile: „Innovationsfähigkeit: Deutschland braucht mehr Schwung“. Was genau hat das DIW untersuchen lassen? Am besten man liest es selbst nach indem man das PDF-Dokument der 286 Seiten starken Studie herunterlädt.

Ein Ergebnis ist mir besonders ins Auge gefallen: „Deutschlands gravierendste Schwäche bleibt das Bildungssystem. Es ist in fast allen Belangen des in diesem Jahr verbreiterten Messkonzepts (Finanzierung, Anzahl der Absolventen mit tertiärer Bildung, Qualität etc.) im internationalen Vergleich hochentwickelter Länder unterdurchschnittlich.“ (Quelle: Ebendiese Studie Seite 4 des Executive Summery (S. 22 im PDF); siehe auch Grafik oben rechts)

Eine besonders delikate Erkenntnis lautet dabei wie folgt: „Gravierende Nachteile hat Deutschland auch bei den innovationsrelevanten Verhaltensweisen und Einstellungen der Bevölkerung. Die Bürger haben im internationalen Vergleich eine geringe Bereitschaft zur Übernahme von unternehmerischem Risiko und die Gründungsaktivitäten sind besonders schwach. Es gibt relativ starke Vorbehalte gegenüber der Erwerbsbeteiligung von Frauen und die Teilnahme von Frauen an Forschung und Innovation ist gering.“

Einerseits finde ich diese Feststellung wenig überraschend, andererseits umso gravierender. Denn, gerade der Bildungssektor im Bereich der Schulen ist durch viele Frauen im Lehrerberuf geprägt. Wenn diese aber gerade nicht an Forschung und vor allem an Innovation, i.e. Bildungsinnovation teilnehmen, dann kann sich in diesem Sektor auch nichts wesentlich nach vorne bewegen. Ebenso schließt der Begriff Bevölkerung durchaus auch die Studierenden der Unis mit ein. Auch deren „innovationsrelevante Verhaltensweisen und Einstellungen“ sind gemeint. Auf der Seite 120 der Studie wird Deutschlands Position mit dem Modell der Wertegemeinschaften nach Ronald Inglehart versucht zu ermitteln. Sehr deutlich ist zu erkennen, das Deutschland stark rational und nicht an traditionellen Werten ausgerichtet ist, was aber viel gravierender erscheint, ist die Tatsache, dass wir offenbar eher zu Werten der autoritätsbezogenen Konformität neigen, statt zu einer offenen und toleranten Gesellschaft. Japan und Korea sind ebenfalls Vertreter in diesem linken oberen Quadranten der Grafik. (siehe auch Grafik rechts; Seite 120 (S. 138 im PDF))

Interessant ist dann aber die Begründung des DIW für den Umstand, warum wir in der Bildung derart weit zurückliegen: „Bei der Finanzierung des Bildungssystems durch die öffentliche Hand und Private liegt Deutschland auf dem 12. Platz. Deutschland investiert nur 5,3 % seines Bruttoinlandsprodukts in die Bildung, der Durchschnitt der OECD-Länder liegt bei 5,9 % (OECD 2006).“ Gut da sagt man sich jetzt, was sind schon läppische 0,6 Prozent.

Nun von einem BIP das eine Höhe von ca. 2244 Mrd Euro für das Jahr 2005, sind das umgerechnet dann doch 13,46 Mrd. Euro. Nur zum Vergleich: Die Exzellenzinitiative vergibt in Ihrer gesamten Höhe gerade einmal 1,9 Mrd Euro. Das sind 14 Prozent dessen, was wir eigentlich investieren müßten, um auf den OECD-Durchschnitt zu gelangen. Dabei sollte man im Kopf behalten, das die Ausgaben für Bildung auch Ausgaben der Bürger für Bildung sein können, also z.B. die selbst bezahlte Softwareschulung und nicht nur die Investitionen des Staates, die durch zuvor erhobene Steuern und Schulden bezahlt werden.

Update 11.12.2006
Ich weiss dieser Post ist schon lang, da kommt es auf ’ne Zeile mehr nicht mehr an. Denn was der Nachrichtendienst Reuters USA über den Ticker schickt passt gerade super dazu: Study finds U.S. bias against women in science

Why do I blog this? Geld ist sicher ein wichtiger Faktor in dem ganzen Komplex. Ich frage mich aber, ob man nicht mit Aufklärung über den Zusammenhang von Zukunftsfähigkeit und der Bereitschaft sich Neuem gegenüber zu öffenen und nicht gleich alles zu verurteilen, ebensoviel erreichen könnte, wie mit einer weiteren Mrd. Euro die man in das System wirft. Meine Erfahrung zeigt mir, das vor allem Studenten der Bildungs- und Geisteswissenschaften teilweise derart innovationsfeindlich eingestellt sind, dass man als Dozent eigentlich erstmal die innovationsrelevanten Verhaltensweisen und Einstellungen bearbeiten muss, damit man irgendwie weiterkommt.

Hier besteht aus meiner Sicht wahrhaftig Handlungsbedarf! Wie kann man als angehender Lehrer z.B. bereits alles Neue völlig unreflektiert ablehnen? Offenbar ist auch die Bereitschaft sich selbständig Neues zu erschließen z.B. im Bereich „Lernen mit technischen Medien“ wie dem Internet eher gering ausgeprägt. In Zeiten jedoch, in denen das Internet zu einem der am schnellsten wachsenden Informationszugänge gehört, ist es aus meiner Sicht fatal, wenn man als angehender Lehrer diesen ganzen Bereich einfach ausblendet in der Hoffnung es wird schon irgendwie gehen. Grundbildung im Umgang mit IT wird als notwendiges Übel des Studiums angesehen und nicht etwa als Chance für Veränderung und Innovation. Das man sich über das Internet sogar weiterbilden kann, wird schon gar nicht in Betracht gezogen.

In meinem Studium war ich als einer der Ersten mit Online-Learning konfrontiert, weil mein Professor erstmals seine Lehrmaterialien mit gesprochenem Text zusammen im Internet aufbereitet hatte (u.a. grafische Animationen und gesprochene Erklärungen dazu). Es wurde an der Uni Innovation betrieben, für neue Wege der Lehrmaterialbereitstellung. Wir haben als Lerngruppe neue Wege der Aneignung beschritten und das Online-Angebot angenommen. Auch Lösungen haben wir online (per E-Mail) abgegeben und digital korrigiert (PDF mit Kommentaren) zurückbekommen. Wir wußten, dass daran kein Weg vorbei führt und es auch Vorteile hat Lehrprozesse online durchzuführen, z.B. wegen der Aktualität und eine zeitlichen Entkopplung von Dozentensprechstunden. Statt eines gedruckten und zu kaufenden Scripts, sind wir eben ins Netz gegangen. Das wir für die Klausurvorbereitung dann Webseiten zusammengefasst haben (als Word-Dokumente) statt eines Scripts, war nur konsequent. Wir haben unsere Arbeitsschritte eben auch möglichst digital durchgeführt. Statt eine Grafik auszuschneiden ein Bildschirmfoto gemacht, usw.

Mangelnde Veränderungsbereitschaft bringt einen da nicht weiter und betrifft meist meist nicht nur die eingesetzte Informationstechnologie (IT), sondern auch neue Methoden der Veranstaltungsgestaltung, die von eigenen Erfahrungen abweichen. Innovationsfeindlichkeit und Protektionismus gegenüber allem Neuen, was sich von der eigenen Erfahrung abhebt, das sind aus meiner Sicht die wahren Bremsen in Deutschland, denn wenn der Kopf nicht will, dann hilft auch die vor die Nase gehaltene Belohnung (Geld) nicht viel weiter.

In der Pressemitteilung ist zu lesen: „Das Potential, das qualifizierte Frauen für die Innovationsfähigkeit eines Landes bieten, wird in Deutschland zu wenig ausgeschöpft.“ Aus meiner Sicht sollte man zunächst erstmal die gesellschaftliche Akzeptanz von Frauen als Innovatorinnen anheben und zugleich die Veränderungsfreudigkeit der Bevölkerung aktivieren. Das widerum bedeutet Aufklärung tut not. Aus meiner Sicht wird das politische Mittel der Aufklärung aber dramatisch unterschätzt und wenig genutzt. Bürger die bislang stark auf Autoritätskonformität und Rationalismus gesetzt haben, dürften eine ideale Zielgruppe sein, für Aufklärungskampagnen, die neue postmoderne Werte betonen. Für einen solchen Übergang wäre es sicher kein Schaden, auch ein wenig Halt in der Tradition zu suchen, die wir bislangs als rational Orientierte ausser Acht ließen.

Virtuelle Proxemik: Der „digitale Flur“ wird Realität

Ich muß jetzt endlich einen Beitrag schreiben über meine Dissertation, mit deren Fortgang ich derzeit ganz zufrieden sein darf. Die letzten Monate waren durch extrem viel Arbeit daran geprägt. Klar die vorlesungsfreie Zeit erlaubt es einem sich voll und ganz auf die Forschung zu konzentrieren und das nutzt man natürlich so gut es geht aus. Damit ich meinen selbst gesetzten Zeitplan einhalten konnte, habe ich bislang vollständig auf Urlaub verzichtet, was ich nun doch so langsam merke.

Aber: Es hat sich gelohnt! Seit fast zwei Wochen habe ich das selbst entwickelte Konzept eines „künstlichen Distanzsystems“ in die E-Learning Umgebung EverLearn vollständig integriert. Die neue Technik funktioniert und zwar problemlos! Derzeit kann die neue Softwarekomponente noch niemand sehen, ausser ein paar Eingeweihten und mir selbst. Aber eines ist jetzt schon klar: Für mich persönlich behebt die Komponente jetzt schon genau das Problem, was den Anstoss für meine Überlegungen gegeben hat: Ich sehe endlich die Leute im System, es kommt mir belebter vor als vorher, vertrauter und irgendwie viel normaler! Nicht mehr so anonym und unpersönlich. Eher so wie eben auf einem „digitalen Flur“, auf dem man anderen flüchtig begegnen kann. Die eigene Arbeit bzw. der Aufenthalt in der Umgebung bekommt einen sozialen Kontext.

In wenigen Tagen werde ich das neue Instrument erstmals einer größeren Nutzerzahl im Rahmen einer wissenschaftlichen Untersuchung zur Verfügung stellen. Ich bin sehr gespannt, wie die Reaktionen sein werden und ob das Konzept über die erste Neugier hinaus trägt. Ich vermute, dass es sehr gut funktionieren wird und die Lernenden bald nicht mehr drauf verzichten wollen. Aber das ist nur meine Vermutung. Es wird sehr spannend… :-) Vor allem auch, weil der Hochleistungsserver, auf dem das System läuft seit Semesterbeginn mit ca. 1100 Nutzern überrannt wird. Das ist eine Anzahl für die das System mit der jetzigen Hardware enorm kämpfen muss, um jeden Nutzer bedienen zu können.

In meiner Funktion als Entwickler und zugleich auch noch vetraglich Verantwortlicher für E-Learning Systeme der virtuellen Hochschule Bayern (VHB) habe ich deshalb parallel zur Dissertation die Software EverLearn an vielen Stellen optimiert und auf Geschwindigkeit und Ressourcensparsamkeit getrimmt. Ein Ergebnis war das EverLearn Release 2.0, das seit Anfang Oktober im Einsatz ist. Weiteres Ergebnis sind deutliche Antwortzeitverbesserungen der Software, die wieder unter die magische Zahl von einer Sekunde gedrückt wurden. Dennoch wird wohl bei anhaltendem Wachstum im kommenden Semester kein Weg an einer Aufrüstung der Serverinfrastruktur – die derzeit superstabil (seit drei Jahren kein echter Ausfall!) auf Apple xServe läuft – vorbeigehen. Im November jedenfalls kommen die neusten Servermodelle des Apple xServe raus und die weisen teilweise bis zu dreifache Leistungsdaten in den Bereichen RAM/HD/CPU auf wie das bisherige System. Schön ist einerseits, dass E-Learning einen solchen Erfolgsweg beschreiten kann. Ich hoffe nun aber andererseits erstmal dass die Ressourcen des jetzigen Servers ausreichend sein werden in diesem Semester!

Die Figuren rechts im Bild sind übrigens Teil der neuen Softwarekomponente, ein essenzieller Teil. Sie symbolisieren die Menschen die in der E-Learning Umgebung online sind. Es erinnert ein wenig an Mensch-ärgere-Dich-nicht-Figuren, oder? Das ist kein Zufall!

Why do I blog this? Ich habe eine längere Zwangspause beim bloggen hinter mir. Zuviel Arbeit an der Dr.-Arbeit hat das bloggen in den Hintergrund gedrängt, es fehlte schlicht die Zeit! Das bedeutet aber, dass an anderer Stelle die ganze Kreativität die man vielleicht sonst hier fand, ihre Arbeit getan hat. In meiner Forschungsarbeit eben. Damit der eine oder andere Leser aus meiner Peer-Group ein wenig im Bilde bleiben kann, was hier so passiert, dachte ich mir tu‘ ich jetzt mal einen Eintrag darüber einstellen.