Momentan wird sehr viel über Rettungspakete und Hilfspakete in den Medien gesprochen. Ich habe da einige Fragen, die mir ja vielleicht Besucher des Blogs in den Kommentaren beantworten können:
- Was ist ein Rettungspaket?
- Von wem kommt das Rettungspaket?
- Für wen ist das Rettungspaket?
- Wer wird durch das Rettungspaket gerettet?
- Vor was wird der mit dem Rettungspaket bedachte genau gerettet?
- Warum reicht ein Rettungsring nicht aus?
- Worin genau besteht eigentlich die Katastrophe?
Ich weiß derzeit leider keine Antworten auf diese Fragen und ich wäre erfreut über Hinweise zu meiner Erleuchtung.
Update 4.10.2008
Vielleicht gilt hier ganz einfach folgende Grafik:
Quelle: Sueddeutsche Zeitung „‚Mo Money Mo Problems‘ von Notorious B.I.G.“
Und die Financial Times Deutschland hat erfahren:
Der Mini-Gipfel in Paris war keine EU-Veranstaltung, sondern diente offiziell der Vorbereitung eines Treffens der acht wichtigsten Industriestaaten (G8), der auch die USA, Japan, Kanada und Russland angehören. In den kommenden Wochen oder Monaten solle es einen „Gipfel der am meisten betroffenen Staaten zur Neugründung des Weltfinanzsystems“ geben, sagte Sarkozy.
Liste derer, die beginnt sich die gleichen Fragen zu stellen:
- Sueddeutsche: Muss der Staat Banken retten?
- GEO: Tabaluga muss Grünland retten
- Michael Ende: Momo – Die seltsame Geschichte von den Zeit-Dieben und von dem Kind, das den Menschen die gestohlene Zeit zurückbrachte., (24. Auflage, Seiten 58 bis 72)
Update 10.11.2008
Soeben habe ich einen tollen Beitrag bei TobiK gelesen. Ich zitiere einen sehr erhellenden Beitragsabschnitt (Hervorhebungen nicht im Original):
[…] wird dieser Tage z.B. immer wieder berichtet, wieviel Billionen Dollar weltweit durch die Finanzkrise verloren geht. Dabei wird nicht nur nicht gesagt, wem dieses Geld verloren geht, vielmehr noch wird suggeriert, es gebe eine konstante Menge an Geld und Geld hätte seinen Wert in sich. Jedoch ist weder die Geldmenge konstant, noch hat eine Geldeinheit ihren Wert in sich. Geld ist ja ein Tauschmittel und daher etwas, das seinen Wert nur durch seine Bezüge, sein Verhältnis, sein Relationsgefüge erhält. Es geht also momentan kein Geld verloren (weil Geld nichts Dingliches ist, auch wenn wir von Geld als Münzen und Scheine denken und dies das nahelegt), sondern es verändert sich das Wert- und Machtgefüge des Geldmarktes und damit überhaupt des weltweiten Menschengeflechtes.
Damit ist nicht gesagt, dass das Geschehen unproblematisch ist. Nur ist das Problem ist nicht der Verlust einer Geldmenge, sondern der drohende Verlust einer das ganze System aufrechterhaltenden Dynamik (des Tausches), die negative Auswirkungen auf alle Beteiligte haben kann (wenn auch in ganz unterschiedlichem Ausmaß). Was wir bräuchten um dieses Geschehen besser zu verstehen, wäre eine relationales Denken, ein Denken in Beziehungen, das den Beziehungen und nicht den Entitäten einen ontologischen Primat zugesteht (sowie das ursprünglich auch die Trinitätstheologie lehrt). Mit anderen Worten: Die Beziehungen nicht als etwas nachträgliches, sondern als etwas vorgängiges denken, das ‚Zwischen‘, den Relator, nicht die Relata als das Wesentliche und Primäre zu denken. […]
Update 18.12.2008
Heise.de berichtet nun über ein Vorhersagemodell für Situationen in denen Rettungsschirme gebraucht werden. Offenbar haben Finanzentwicklungen ähnliche Muster in der Entwicklung wie vergleichbare Naturkatastrophen. Denn ein „Mathematischer Indikator für die Finanzkrise“ hat 2-3 Monate vor dem „Bang“ offenbar erfolgreich angeschlagen. Mit Hilfe der fraktalen Geometrie ist es Prof. Didier Sornette von der ETH Zürich/Europa offenbar gelungen sogenannte Situationen überexponenziellen Wachstums zu diagnostizieren. Zitat aus heise.de:
[…] „Man kann sagen: Mathematisch gesehen ist diese Finanzkrise ein Monster!“ Die Standardverfahren der Ökonomie gehen davon aus, dass auch die größte Blase lediglich exponentiell wächst wie eine Geldanlage mit festem Zinssatz. „Doch wir haben festgestellt, dass eine Blase stets überexponentiell wächst“, sagt Sornette. „Das wäre so, als würde sich die Zinsen jedes Jahr verdoppeln.“ […]
Why do I blog this? Momentan verstehe ich wirklich nicht mehr, was auf den einschlägigen Portalen der Finanz- und Medienwelt gesprochen wird. Ob nun Handelsblatt, Financial Times Deutschland, International Herald Tribune, Wallstreet Journal und die einschlägigen Tageszeitungen sowie Google News – ich verstehe einfach nicht was dort gesprochen wird. Ich meine die Bilder die gezeigt werden sehen so aus, als ob die Menschen darauf wirklich Hilfe bräuchten, aber im Vergleich zu den Flutopfern eines Tsunamis, verhungernden Kindern in Entwicklungsändern, Erdbebenopfern in abgelegenen Gebieten, oder Schiffbrüchigen sehen sie eigentlich eher ungefährdet aus. Auch die Huffington Post fragt sich: „Why bail?“. Andere interviewen Personen, die es kommen sahen wie z.B. Nouriel Roubini. Wieder andere schreiben einen Schlechte-Nachrichten-Newsletter, um, ja, um was eigentlich zu bewirken?
Moin Helge,
mir geht es ähnlich wie Dir ich verstehe die Diskussion nicht mehr wirklich, im Hinblick auf wirkliche Armut. Leider bin ich kein Finanzexperte, um Dir deine Fragen zu beantworten. Wäre da nicht ein Artikel am 15. Oktober zum Blog Action Day nicht fällig? http://www.blogactionday.org/
Gruß
Thorsten
@Torsten: Hey, ja! Den Bog-Action Day hab ich glatt verpasst. Ich hatte dafür einen anderen Action Day am Dienstag 14. Oktober 2008, der für mich auch wichtig war (Verteidigung meiner Dr.-Arbeit). Kann man da denn noch nachträglich teilnehmen?
Ich hoffe Dein Action-Day ist gut gelaufen! Im nächsten Jahr gibt es einen Blog Action Day 2009! Dann kannst Du alles nachholen.
Gruß
Thorsten
Die Banker brauchen kein Geld als Hilfe. Aber das Finanzsystem und damit vor allem die Benachteiligten auf dieser Welt ist ganz ernsthaft gefährdet. Die letzte Weltwirtschaftskrise wirkte sich bis 1945 sehr energisch aus.
Dass jetzt die strebsamen Latinos, denen man ihre schwer verdienten Häuser weggenommen hat, auch noch mit ihren Steuern die Rettung der Banken finanzieren, ist zum aus-der-Haut- fahren. Aber nachdem zwanzig Jahre lang die Shareholder-value-Ideologie nicht überwunden werden konnte, war nichts anderes zu erwarten.
Einen Vorzug hat der Kapitalismus: Es braucht nicht 70 Jahre zu dauern, bis eine Ideologie sich überlebt. (Aber vermutlich überlebt die Shareholder-value-Ideologie doch noch.)