WWDC 2013 … and it’s future.

Die von Apple seit Jahrzehnten veranstaltete World Wide Developer Conference (WWDC) hat in diesem Jahr ihre US $ 1600 teuren Tickets in weniger als 90 Sekunden verkauft. Hier mal die geschichtliche Entwicklung des Niedergangs der WWDC entlang der letzten 13 Jahre (OMG ich werde alt!) mit den entsprechenden Zeiten bis zum Ausverkauf der Tickets.

  • 2000: Sehr toll in San Jose, entspannt mit Ingenieuren plaudern
  • 2001:
  • 2002:
  • 2003: Leicht überfüllt in San Francisco, aber mit Messe im Basement
  • 2004: Massig überfüllt in San Francisco, viel Schlange stehen bei allem
  • 2005:
  • 2006:
  • 2007:
  • 2008: Zum ersten Mal ausverkauft
  • 2009: Ausverkauft nach 1 Monat
  • 2010: Ausverkauft nach 8 Tagen
  • 2011: Ausverkauft nach 12 Stunden
  • 2012: Ausverkauft nach 2 Stunden
  • 2013: Ausverkauft nach 90 Sekunden

Ich habe die WWDC 2000, 2003 und 2004 besucht. Als Beweis hier meine Taschen die ich dort bekam.

wwdc_bag_degradation_2_small

Weitere Taschen haben andere Blogger akribisch aufgelistet.

Die beste WWDC war die in 2000 (das war noch im San Jose McEnery Convention Center). Seitdem ist es bereits 2003 und 2004 merklich bergab gegangen. Und das betrifft nicht nur die schiere Masse an Besuchern, die das Ding zu einem Massenevent ohne Seele haben werden lassen. Man sieht es auch gut an den Taschen, an den Details, die so eine Konferenz prägen. Die Tasche aus 2000 ist ein wahrer Qualitätsbolzen. Sowas robustes hab ich nie wieder gesehen und hübsch und praktisch war sie auch. Die aus 2003 war schon eine seelenlose PC-Tasche, mit einem mickrigen Apple Logo drauf. Zwar qualitativ hochwertig aber leider eine x-beliebige Tasche. Besser hätte man die aus 2000 neu aufgelegt. Und 2004 markierte dann den absoluten Taschentiefpunkt. Ein billiges Ding, das noch dazu vollkommen unpraktisch war. Das Teil hab ich nur noch zum Transport von Altglas auf dem Fahrrad benutzt daheim. Traurig, sehr traurig!

Aber wenn es nur die Taschen gewesen wären. Bedeutende Verschlechterungen gab es bei der Nahrungsversorgung, etwas was auf einer Konferenz bei der das Hirn auf Hochtouren arbeitet ein absolutes No-Go ist. Das fing schon mit den Frühstücks-Items an, bei denen es kaum irgendwas Gesundes mehr gab sondern nur noch überzuckertes Fastfood. Ab 2003 war man in einem Starbucks besser aufgehoben als im Convention Centre, was schade ist, denn nur dort konnte man beim Frühstück schon mit anderen Entwicklern aus aller Welt in einen Dialog treten.

So wichtig die Nahrungs- und Getränkeversorgung auch ist, aber noch wichtiger sind die Sessions. Und da gab es ab 2003 eine vollkommen aberwitzige Entwicklung. Es wurde JEDER Besuch einer Session versucht zu tracken. Dazu wurde der Badge mit einem BarCode jedes Mal am Eingang gescannt. Das führt bei der Masse an Besuchern zu aberwitzigen Wartezeiten schon beim Einlass in einen Raum. Ich habe als Deutscher mich dem konsequent verweigert, indem ich den BarCode des badge unbrauchbar gemacht habe (eine Linie weggekratzt auf dem Plastik). Der nichtlesbare Badge führte zwar zu Problemen, aber ich kam dennoch immer rein in den Raum. Diese 1984-Policy war der Tiefpunkt in Sachen Vertrauen und hat mich persönlich sehr enttäuscht. Denn hier stand offensichtlich Apple’s Interesse im Vordergrund und nicht das der Entwickler und ihrer Konferenzerfahrung.

Die Shopping Experience für das diesjährige Ticket sah dann wohl die meiste Zeit für die meisten Interessierten so aus wie eine Lotterie bei der man entweder einen „Bezahlen“-Knopf bekam, oder diese Wartungsseite:

wwdc_2013

Schade, sehr schade. Aber vielleicht ist dieser Fail auch eine Chance für Neues. Der Entwickler Daniel Jalkut hat einen sehr treffenden Beitrag namens „End WWDC“ dazu formuliert, den ich gerne hier verlinke. Darin stellt er unter anderem folgende Fragen, die den Kern der WWDC betreffen:

  • What are the goals of WWDC, anyway?
  • For every “lifesaving” tip a developer has received in the WWDC labs, how many others continue to struggle in anguish because the effort was never made to codify that wisdom in the form of a developer technote or other reference material?
  • And what about the community incentive for developers?
  • Isn’t it important to have an opportunity to meet with and catch up with developers from around the world?

Genau diese Fragen stellen sich. Vor allem aber, was ist das Ziel einer WWDC? Wird dieses Ziel noch erreicht? Wenn nicht, warum nicht? Wie kann man die wichtigen Ziele sowohl von Apple aus als auch als Entwickler wieder erreichen? Warum hat sich diesem Problem bislang noch niemand von Apple so richtig gestellt? Eine kleine Antwort darauf waren die weltweiten Apple Tech Talks bei dem die Ingenieure von Apple einmal um den Planeten reisen, aber auch zu diesen Events gelangt man nicht mehr ohne weiteres, mir ist es beim letzten Mal z.B. nicht gelungen und vielen anderen meiner Buddies auch nicht.

Da wartet viel Arbeit auf einen Manager der bereit ist Dinge zu verändern und Neues zu wagen!

Update #1
Für mich läuft es auf eine einzige Frage hinaus: „Wann ist eine WWDC ein Erfolg?“

Ist eine WWDC ein Erfolg, wenn man noch mehr Geld für die Ticketpreise erlösen kann? Ist sie ein Erfolg, wenn man noch mehr Personen in ein und das gleiche Konferenzgebäude pferchen kann? Ist sie ein Erfolg, wenn die Ticket Verkäufe in 90 Sekunden statt über mehrere Wochen verteilt stattfinden? ist sie ein Erfolg, wenn man an der Qualität des Konferenzerlebnisses sparen kann und dennoch die Ticketpreise unverändert lassen kann oder gar erhöhen kann ohne sichtbare Einbrüche bei den Verkaufszahlen? Ist also letztlich der Profit aus einer WWDC durch die erlösten Ticketpreise das, was den Erfolg einer WWDC ausmacht? Ist sie also gerade so UNGLAUBLICH erfolgreich wie noch NIEMALS zuvor in der Geschichte? Wenn das so ist, warum jubeln dann nicht weltweit alle Apple Entwickler?

Update #2
Nun hat auch Jeff Lamarche eine sehr detaillierte Analyse des Problemfalls WWDC beigesteuert. Was er vorschlägt – ein gestaffeltes Ticketsystem – hat einen gewissen Charme löst aber das Problem aus meiner Sicht kaum. Richtig ist die Unterscheidung zwischen „Veterans“ bzw. hochqualifizierten Ingenieuren und Newbies bzw. „First Timers“. Und da gibt es wirklich einen ersten Ansatzpunkt meiner Ansicht nach. Hier könnten über den Erdball verteilte „First Timer iOS Events“ eine ganze Menge Luft schaffen. Denn diese ganzen Leute haben einfach keine andere Anlaufstelle derzeit.

Die WWDC könnte man sich auch erarbeiten und sich dafür qualifizieren, das sollte auch für „First Timer“ möglich sein z.B. über eine vorgeschaltete Dev-Challenge. Ich habe auch keine konkrete Lösung – das wäre auch zu unwahrscheinlich – aber ich denke, dass der Charme des Event wesentlich verbessert werden könnte einfach durch mehr Raum für’s Socializing. Apple fokussiert für mich viel zu stark auf die streng Timetable gebundenen Sessions und die reine Quantität der Konferenz. Wenige High-Profile und High-Quality Sessions aber deutlich mehr Socializing und Networking wären für die Developer Community nötig.

Das Potenzial an Skills die da bei jedem Event „zu Besuch“ kommen wird ja nichtmal in Erwägung gezogen als gestalterische Option bislang. Warum sollten nicht auch Entwickler eine Chance z.B. zum Präsentieren erhalten (was ja in der Vergangenheit sogar oft der Fall war). Ein Unconference-Approach in einem anderen Gebäude wäre einen Versuch wert. Das geht allerdings vollständig gegen Apple’s DNA der totalen Kontrolle über alles. Die Wahrscheinlichkeit ist also gleich Null, das das jemals passieren wird.

Apple war in Sachen „Social“ immer schon ein wenig verknöchert und alle Versuche wie mit „Ping!“ mehr Social DNA in die Produkte zu bringen schlugen grandios fehl. Dennoch, der Beer Bash und Stump the Experts waren immer soziale Highlights einer WWDC. Hier hieße es meiner Ansicht nach dennoch endlich mal mutig zu sein und sich etwas Neues zu trauen. Warum nicht die Skills der Besucher abrufen und einen stark sozialisierenden Teil der Konferenz als Unconference schaffen, der Cross-Teaching fördert und den interkulturellen und interdisziplinären Austausch zwischen Newbies und Veteranen? Das könnte sogar durch 1-Expert-per-Newbie-Mentoring geschehen. 5 Tage lang. Ich hätte das damals als Newbie toll gefunden. Und jeder der schonmal gelehrt hat weiß, „Teaching is Learning twice.“ und bringt für den der lehrt ebenfalls eine ganze Menge.

Wie auch immer, das bestehende Konzept wird jedenfalls immer geringere Wirkung entfalten und irgendwann einfach nur noch ein Tropfen im Ozean sein. Dezentrale Newbie-iOS-Camps weltweit und eine deutlich stärkere soziale Unconference Komponente könnten die WWDC beleben und entlasten gleichzeitig. Und wer weiß vielleicht entwickeln Besucher einer WWDC sogar ein neues Konzept für ihre erfolgreiche Erneuerung, wenn man ihnen den Raum dafür gibt.

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