Weblin offenbar kurz vor dem ‚Aus‘

weblin_logoNachdem ich mich ja lange Zeit mit Präsenztechnologie in meiner wissenschaftlichen Forschung beschäftigt habe, und kommerzielle Versuche zu diesem Thema genau beobachtet habe, überrascht es mich nicht sonderlich, dass mit Weblin nun ein Produkt in diesem Bereich offenbar vor dem „Aus“ steht.

In den klassischen Startup-Info-Quellen liest man:

Ursachen des Misserfolgs

Woran es nun gelegen hat, und ob Weblin lediglich „combots 2.0“ war, wird sich wohl demnächst erst klären. Ich war von Beginn an sehr skeptisch aufgrund folgender Dinge/Indikatoren:

  • Weblin hat einen Preis verliehen bekommen vom Staat bzw. Land – Das sind oft erste Warnzeichen, denn was der Staat üblicherweise toll findet ist meistens hinter der Zeit zurück.
  • Bis zum Schluss gab es keine Lösung, die ohne zusätzliche Softwareinstallation lief – Jeder weiß, dass zusätzliche SW-Installationen eine hohe EInstiegsbarriere für neue Nutzer sind, zumal es von anderen Anbietern Lösungen als Firefox-Plugin gab, die ihren Zweck erfüllten.
  • Das Modell mit „virtuellem Nippes“ Geld zu verdienen schien mir äußerst zweifelhaft – Ich hab es ja selbst ausprobiert, mehr als ein kurzfristiger Unterhaltungseffekt war nicht drin, danach nervt es nur noch, genau wie RocketOn.
  • Die Lösung schien mir viel zu invasiv bzw. aufdringlich, sie stellte sich selbst in den Vordergrund, denn im wahrsten Sinn des Wortes standen die Avatare und nicht die Webseite im Vordergrund.
  • Mit das größte Problem schien mir, dass man nur wenn man EXAKT auf der selben URL wie ein anderer Besucher im Web war, auch jemanden gesehen hat. Dieser Tunnelblick hilft mir nicht! Die Menschen in der Stadt erst dann zu sehen, wenn ich in jeden einzelnen Laden hineingehe (dann aber alle anderen nicht mehr zu sehen), wäre ein recht armes Erleben von sozialem Raum.

Wo genau könnte also die Zukunft in diesem Bereich liegen? Was könnte man anders machen? Immerhin ist/war mit Heiner Wolf jemand dabei, der die Präsenztechnologie sehr gut kennt, an mangelndem Fachwissen hat es wohl eher nicht gelegen.

Ich bin der Überzeugung, dass es nach wie vor eine gute Idee ist, die menschliche Präsenz im globalen Dorf zu verbessern. Nach wie vor sieht man die Besucher der Webseite nicht, sondern nur die Spuren in Form von Besucherstatistiken (vielleicht noch per GeoIP mit Ortsangabe).

Aus meiner eigenen Forschung und den Ergebnissen meiner empirischen Untersuchung zu Präsenztechnologie weiß ich, dass sich damit zum Beispiel die Verweildauer auf der Webseite verdoppeln lässt. Das ist ein gewichtiges Argument für eine solche, „Social Technology“.

Wie könnte es besser gehen?

Ich denke, dass man Präsenztechnologie konsequent in der Breite einsetzen kann ohne den Mega-Nerv-Faktor bestehender Lösungen wie z.B. RocketOn oder Firefly. Die Existierenden Lösungen beachten aus meiner Sicht folgende Dinge nicht oder nur ungenügend:

  • Nutzer von Webseiten wollen nicht bei ihrer primären Tätigkeit (Surfen im Web) gestört werden, wenn also Präsenztechnologie ins Spiel kommt, darf sie keinesfalls derart invasiv sein, den Nutzer bei seiner Tätigkeit zu behindern. Große Avatare stören da aber nur. Am besten bringt das für mich folgender Beitrag bei Beat Doebli auf den Punkt: Why dots? mit dem zugehörigen YouTUBE-Video.
  • Besucher von Webseiten wollen u.U. gern weiterhin anonym bleiben. Nicht jeder möchte beim Besuch bestimmter Seiten „gesehen werden“ bzw. indentifiziert werden, oder gar seinen Besuch mit seiner Identität verknüpft in einer Datenbank eines Präsenztechnologieanbieters wissen.
  • Jede Präsenzkomponente, muss irgendwie die Anwesenheit von Personen an den Besucher kommunizieren, dafür braucht es ein Display (akustisch, optisch, usw.). Der Flächenverbrauch für ein optisches Display darf nur minimal sein, da die Webseite im Vordergrund steht. (Keine aktuell verfügbare Lösung erfüllt dieses Kriterium)
  • Webseitenbetreiber möchten nicht, dass an ihnen „vorbei“ kommuniziert wird, ohne dass sie „dabei“ sein können. Niemand wird eine Präsenztechnologie unterstützen, bei der er nicht wirksam selbst Einfluss nehmen kann als Seitenbetreiber.
  • Präsenztechnologie muss unbedingt dauerhaft einen ehrlichen Nutzen anbieten. Es muss für mich persönlich hilfreich sein, sie einzusetzen. Wenn ich z.B. Gleichgesinnte dadurch finde, ist das ein Nutzen. Wenn ich dadurch einen Eindruck von der Aktivität anderer im Netz bekomme, ist das ein Nutzen. Und wenn ich dadurch ein sozial angenehmeres Gefühl beim Besuch einer Webseite habe ist das ein Nutzen.

Zusammenfassend möchte ich behaupten: Präsenztechnologie der hochinvasiven Art ist eindeutig gescheitert. Denn…

  • Die Webseite verdeckende Avatare sind keine gültige Lösung des Problems der Unsichtbarkeit der Besucher.
  • Einen Tunnelblick auf eine URL anzubieten ist keine gültige Lösung des Problems der Unsichtbarkeit der Besucher.
  • Die Anonymität der Besucher einer Webseite aufzuheben ist keine gültige Lösung des Problems der Unsichtbarkeit der Besucher.

Kleiner Trost für Weblin

Der twitter Businessplan, wie er bereits karikiert wird.

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Quelle: Geek & Poke (via Martin Ebner)

Update 26.6.2009
Für alle die nicht genau verstehen, was Weblin eigentlich ist, hier ein Video bei YouTUBE von der offiziellen Weblin-Seite. Weitere „verwandte“ Videos werden dort ebenfalls gezeigt.


Quelle: Weblin Tutorial bei YouTUBE

Update 27.6.2009
Ich hab mich aus gegebenem Anlass gestern nochmal mit Weblin beschäftigt und die Softwareerneut unter meinem Windows XP installiert, weil ich zumindest den aktuellsten Stand der Software nochmal selbst einschätzen wollte. Hier ein Bildschirmfoto von meiner Session:

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Bildschirmfoto Weblin-Homepage mit Weblin aktiviert unter Windows XP

Ich finde eines wird daran doch ziemlich schnell deutlich, die Weblin Avatare verdecken einen ganz schön großen Teil der Webseite. Direkt nach der Softwareinstallation wollte ich meine Profilmerkmale ändern, was dann auf der Weblinseite geschehen soll. Doch vor lauter Avataren, war man stets nur dabei die Sicht „freizuräumen“, um an die notwendigsten Bedienelemente (sogar die Scrolleisten des Fensters) zu gelangen.

Es sind ja nicht nur die Avatare, sondern deren stets aufsteigenden Sprechblasen, die von der besuchten Seite im Prinzip nur recht wenig Unüberdecktes, Sichtbares übrig lassen. Ich habe leider auf die Schnelle auch keinen Knopf gefunden, um die Weblins mal kurzzeitig auszublenden, um z.B. die Formularfelder für meinen Avatar in Ruhe auszufüllen.

Mag sein, dass ich völlig falsch liege mit meiner Ansicht zu 3D Avataren auf einer 2D Webseite, aber definitiv etwas zu weit geht es, wenn die Avatare auch noch den Rest des Windows-Systems besetzen, so wie hier gezeigt, wo die Weblins sogar außerhalb des Browsersfensters „unterwegs“ sind.

So richtig absurd allerdings wird es, wenn ich für die Kommunikation mit anderen Smileys kaufen muss, die in jedem anderen Instantmessenger gratis sind. Siehe folgender Screen:

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Kaufen eines Smileys, um sich ausdrücken zu können im Chat.

Virtual Goods hin oder her, ich denke das ist einfach ein bissel zuviel verlangt. Wenn ich in Skype oder jedem anderen Messenger für meine gesetzen Smileys Geld zahlen sollte, ich glaube ich würde echt anfangen mir gewisse Fragen zu stellen.

Update 10.8.2009
zukunft_weblinSoeben lese ich, dass Weblin quasi übergeht in eine neue Firma. „Die Zukunft von Weblin heißt Club Cooee“ kann man derzeit auf der Weblin Seite lesen. Die bestehenden Weblin Nutzer werden nun offenbar transferiert in ein neues System namens Cooee.

club_cooeeVon Club Cooee hab ich vorher noch nichts gehört. Das werde ich mir mal genauer ansehen bei Zeiten. Die Webseite schaut aus nach einer Art „Second Life in a Box“. Eine Art begrenzer 3D Raum, der ähnliche Dinge wie SL bereitstellt. Das ist definitiv etwas anderes als der Versuch den Browser mit Präsenztechnologie zu erweitern. Ob die Leute die Weblin aber genau aus diesem Grund genutzt haben (erweiterte Browserfunktionalität) sich in eine 3D-Box teleportieren lassen?

Why do I blog this? Weil ich gerade an einer vielleicht besseren, zumindest aber anderen Lösung arbeite! Ich entwickle ein WordPress Plugin, dass diese Mängel beheben und echten Nutzen stiften soll.

Lamp/e für iPhone & iPod Touch

In der letzten Zeit war es ziemlich ruhig hier in meinem Blog. Heute kommt ein Grund dafür hier in das Blog. Ich habe meine erste Applikation „Lamp/e“ für das iPhone und den iPod Touch entwickelt und in den iTunes App Store gebracht.

lampe_slides
Screenshots der Lamp/e Applikation

Seit heute ist meine erste Applikation Lamp/e (Download) im App Store vertreten. Dem gingen dann doch eine Menge mühsamer Schritte voraus(*). Deshalb freut es mich endlich die erste App im Store zu haben.

Die Applikation macht sich die Eigenschaft des Bildschirms der Geräte zu eigen, dass man damit auch seine Umgebung beleuchten kann. Bisherige Applikationen wie z.B. „Taschenlampe“ versuchen das auch, aber wenn man näher über den Gebrauch eines iPod Touch oder eines iPhone als Taschenlampe nachdenkt, dann kann man viele nützliche Dinge hinzufügen und einige nutzlose wirklich weglassen. Das habe ich mit Lamp/e versucht.

Offizielle Beschreibung der Applikation:

Die erste (Taschen-)Lampe mit Screenlock-Funktion, also Schutz vor versehentlichem Schalten/Verstellen der Helligkeit.

FUNKTIONEN:

  • Startet sofort in eingestellter Wunschfarbe (weiß od. rot)
  • Schaltfeedback mit 6 verschiedenen HiFi-Stereo-Sounds
  • Helligkeit stufenlos per Touch/Swipe-Geste einstellbar
  • Double-Tap schaltet das Licht AN und AUS
  • Double-Tap auf Schloss-Symbol schaltet Screenlock AN und AUS
  • Deaktiviert energiesparenden Modus für 100% volle Lichtleistung
  • Infobildschirm mit Wunschfarbenwähler, Anleitung sowie Herstellerinfos
  • Kontrollsymbole werden nach 3 Sekunden ausgeblendet (100% Licht)

Die nächste Version (kostenloses Update) wird noch einen stufenlosen, professionellen Farbtemperaturwähler erhalten.

Lamp/e bietet all das, was andere Flashlight, Light, Lampen, Leuchten, Taschenlampen und Lichtapplikationen bieten, ergänzt um sinnvolle Funktionen wie Screenlock und HiFi Sound.

* = Kompliziert war allerdings nicht die Entwicklung, sondern vielmehr die Bürokratie und Administration die mit den vielen Verträgen, User Guides, usw. verbunden ist, die man als Entwickler mit Apple abschließen und ständig aktualisieren muss, um dort Software anzubieten.

Grüner PC als Designstudie

Eine lustige Studie zu einem „grünen“ PC habe ich eben per Zufall gefunden, als ich nach Energiequellen gesucht habe. Der LawnPC von Designer David Veldkamp.

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Abbildung des LawnPC – Foto von www.igreenspot.com

Das Konzept seiner Energiequelle lautet wie folgt:

Lawnpc is a self-sustaining computer system. It creates all of the power it needs to operate with help from solar energy. Overall the Lawnpc would save an average of 876 kWh and 800 kg of carbon dioxide per computer per year. Multiple that by the projected 1 billion computers in the world and the environmental impact is tremendous.

Why do I blog this? Mich fasziniert weniger die Idee an sich – Energie zu sparen, auch wenn das ein tolles Designziel ist – als die Art und Weise wie diese Studie auf den Bildern präsentiert wird. Die Reinheit und das Spiel mit den Farben Weiß und Grün. Nicht ganz zufällig, vermute ich mal, macht das Design starke Anleihen bei den weißen Apple Rechnern. Sehr gelungen!